Hilden: Ganztag statt Zehnkampf

Seine sportlichen Erfahrungen bringt Michael Willms in den Beruf ein.

Hilden. Sozialpädagoge, Physiotherapeut, Jugendgerichtshelfer, Anti-Gewalt- und Deeskalationscoach, Übungsleiter und früher ein erfolgreicher Zehnkämpfer: Michael Willms ist zwar gerade 32Jahre alt, doch der berufliche und sportliche Werdegang des Hildeners hat es schon jetzt in sich. "Das Meiste hat sich einfach so ergeben. Manches bot sich beispielsweise als Fortbildungsmaßnahme an", sagt der städtische Jugendförderer bescheiden.

Was den 32-Jährigen neben der vielfältigen Ausbildung zum Exoten in der Stadtverwaltung macht, ist die sportliche Vergangenheit. Hätte Willms nicht eine schwere Knieverletzung gestoppt, wer weiß, welche Schlagzeilen er gemacht hätte? Jedenfalls war er als 16-Jähriger auf dem besten Wege. "Ich hatte mich damals bei der LG Hilden angemeldet", erinnert er sich. "Und irgendwie lief es sofort. Nur eine Woche, nachdem ich mit dem Training losgelegt hatte, wurde ich in Ratingen mit 1,75 Metern Hochsprung-Kreismeister." Als er kurz darauf die 100 Meter in 11,6 Sekunden lief ("In Basketballstiefeln, Laufschuhe hatte ich nicht"), stand fest: Der Junge hat Potenzial.

1996 absolvierte der 1,95-Meter-Mann mit der drahtigen Figur eines Frank Busemann seinen ersten Zehnkampf, weitere folgten. 1998 wurde er Nordrhein-Meister und qualifizierte sich damit für die deutschen Titelkämpfe in Vaterstetten bei München. "Dann kam der Knackpunkt", erinnert sich Willms. Beim Training trat er so unglücklich auf die Sprungmatte, dass sich das Knie verdrehte: Innenbandabriss und abgerissener Innenmeniskus. "Ich bin zwar noch nach München gefahren, habe auch die 6000-Punkte-Marke geknackt - aber schließlich war es das."

Dem Sport ist Willms trotzdem treu geblieben. "Während meines Studiums habe ich den Trainerschein gemacht. Von daher lag es nahe, in dieses Fach zu wechseln." Und auch an der Seitenlinie feierte Willms Erfolge. So reiste er 2006 als Coach mit Annalena Knors, einer Blindensportlerin, zum Golden-League-Meeting nach Paris. "Ein einmaliges Erlebnis", schwärmt Willms.

Obwohl er den Trainerposten vor zwei Jahren an den Nagel gehängt hat, ist das Ende der sportlichen Fahnenstange noch lange nicht erreicht. So hat der Vater einer 16 Monate alten Tochter bereits zwei Marathonläufe (Köln und Düsseldorf) hinter sich und trainiert aktuell für den Volkstriathlon im September in Ratingen. "Ich träume davon, irgendwann mal den Iron Man in Angriff zu nehmen", hat sich Willms ein richtig hohes Ziel gesteckt.

"Das habe ich immer getan", sagt der 32-Jährige. So legt er nach den Sommerferien auch beruflich einen weiteren Grundstein und beginnt als städtischer Betreuer an der Wilhelm-Fabry-Realschule. Dort wird der gebundene Ganztag eingeführt: Die neuen Fünftklässler werden jeden Tag bis in den Nachmittag betreut - von Fachkräften wie Willms.

"Das Konzept, das wir den Kindern anbieten, steht schon seit Mai", sagt Tausendsassa Willms: "Wobei die Ausarbeitung in enger Abstimmung mit dem Lehrerkollegium erfolgte." Im Angebot hat er vor allem Workshops, bei denen der Nachwuchs geistig und körperlich gefordert ist. Für Mädchen gibt es beispielsweise einen Selbstverteidigungs-, für Jungen einen Futsal-Kurs. "Futsal kommt aus Brasilien und ist eine technisch anspruchsvollere Variante des normalen Fußballs", sagt Willms.

Außerdem werden Musikinstrumente gebaut, und es gibt Sound-Karate: eine Motorikschulung durch Karatetechniken zu aktueller Popmusik. "Eigentlich sollte jeder Geschmack auf seine Kosten kommen", sagt der 32-Jährige, der in seinem neuen Teilzeitjob ("Die anderen 50 Prozent arbeite ich in der Jugendförderung") von seinen Zusatzausbildungen profitiert.