Langenfeld ist seiner Zeit 13 Jahre voraus

Nach der hiesigen Entschuldungsuhr hat es auch die Bundesuhr geschafft: Sie läuft rückwärts.

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Langenfeld. Im Jahr 2004 war Langenfeld seiner Zeit 13 Jahre voraus. Als Gegenstück zur Schuldenuhr des Bundes der Steuerzahler (BdSt) ließ der damalige Bürgermeister Magnus Staehler am Rathaus eine Entschuldungsuhr anbringen. Die Digitalanzeige zeigte an, wie Langenfelds Verschuldung schmolz. Denn seit 1986, dem Gipfel der Verschuldung der Stadt, schrumpften die roten Zahlen — bis zur Komplett-Entschuldung Langenfelds 2008.

Magnus Staehler, damaliger Bürgermeister von Langenfeld in seinem Buch „1-2-3 schuldenfrei“

Und jetzt, 13 Jahre nach Enthüllung der Entschuldungsuhr, dies: Nachdem die Schuldenuhr des Steuerzahlerbundes, die die gesamtstaatlichen Miesen in Deutschland anzeigt, immer nur vorwärts tickte, wird sie in ihrer 22-jährigen Geschichte nun erstmals rückwärts laufen — und zwar um 78 Euro pro Sekunde. Das hat BdSt-Präsident Reiner Holznagel jetzt mitgeteilt.

Dieser sekündliche Schuldenabbau in Deutschland ergibt sich nach Angaben Holznagels überwiegend aus den aktuellen Haushaltsplänen der 16 Bundesländer für das Jahr 2018. „Bis vor wenigen Jahren steckten Bund und Länder noch tief in der Schuldenfalle. Diese Politik zu Lasten der jüngeren Generationen ist erfreulicherweise erstmal gestoppt. Das ist auch ein Erfolg des Bundes der Steuerzahler und seiner Schuldenuhr.“ Seit 1995 macht sie mit ihren roten Ziffern das Ausmaß der öffentlichen Verschuldung für Bürger und Politik transparent.

Die Finanzsituation „plastisch greifbar und allgemein verständlich machen“ sollte nach Staehlers Worten auch die Langenfelder Entschuldungsuhr. „An sich war das nur als Marketinggag gedacht“, schrieb der damalige Bürgermeister in seinem 2008 erschienenen Buch „1-2-3 schuldenfrei“. Doch habe die Stadt damit bundesweit enorme Aufmerksamkeit erregt. „Plötzlich wurde auf einem Gebiet, das traditionell Schimpf und Schande einfuhr, etwas Neues und obendrein Positives verkündet. Wir machten die Finanzsituation unserer Stadt sekündlich öffentlich — eine eher unkonventionelle Handlungsweise.“

Nachdem durch einen Sparkurs, eine auf Einnahmen abzielende Standortpolitik und Wirtschaftsförderung sowie die Einbindung von Ehrenamtlern in öffentliche Aufgaben die Pro-Kopf-Schulden von 788 Euro (1986) innerhalb von 20 Jahren auf 100 Euro verringert waren, erwarben bei einem U 100-Fest im November 2006 sogar fast 400 Bürger für jeweils 99,99 Euro den mit Spenden-Zertifikat versehenen Titel „schuldenfreier Langenfelder“. An Stelle der 2008 ausgedienten Entschuldungsuhr wurde am Rathaus eine Multi-Funktions-Tafel installiert, die seither Uhrzeit, Temperatur und städtische Termine anzeigt. Die Entschuldungsuhr selbst ging auf Reisen, lief laut Rathaussprecher Andreas Voss nacheinander in Grevenbroich, Würselen und im österreichischen Linz. Seit einiger Zeit ist sie zurück in Langenfeld, wo sie im Depot des Stadtarchivs im Freiherr-vom-Stein-Haus verwahrt wird.