Monheim „Rhein-Philharmonie“ für Monheim
Monheim. · Beim Info-Abend gab es begeisterte, aber auch kritische Stimmen zum Leuchtturmprojekt.
Zu Beginn nahm Architekt Thorsten Kock seine rund 80 Zuhörer im Monheimer Ratssaal erst einmal mit auf eine Reise in die Lokalgeschichte: Der Geschäftsführer des Stuttgarter Architekturbüros „Bez + Kock“ berichtete beim Info-Abend zur „Kulturraffinerie K 714“ von den Anfängen der Mineralölwerke Rhenania um 1913 und zeigte ein Bild aus der „Seattle Times“ aus dem Zweiten Weltkrieg, auf dem die Raffinerie am Rheinufer im Bombenhagel in Rauch aufgeht. Und einen weiteren interessanten Fakt präsentierte der Referent dem Publikum: Die alte Fassabfüllhalle mit ihren zinnenartigen Giebeln, nach dem Krieg im Eigentum des Shell-Konzerns, sei eine der ersten Stahlbeton-Skelett-Konstruktionen. Und genau die gelte es zu erhalten.
In erster Linie ging es am Freitagabend aber um die Zukunft: Aus dem alten Industriedenkmal soll bekanntlich eine multifunktionale Veranstaltungshalle werden. Gut ein Jahr nach dem ersten Bürgerabend und der Online-Konsultation mit diversen Anregungen aus der Bevölkerung konnten sich die Monheimer – und auch interessierte Gäste aus der Nachbarschaft – über die Weiterentwicklung der Planungen informieren. Sie lauschten über eine Stunde lang Kocks Vortrag – und stellten im Anschluss viele Fragen.
Der Architekt demonstrierte, wie die Kulturraffinerie K 714 in Zukunft vom Rhein aus wirken und welche Veranstaltungen in ihr möglich sein sollen: Im Mittelpunkt wird ein mit Glasziegeln verkleideter Kubus aufragen – der große Saal, in dem über einem absenkbaren Parkett zwei Oberränge den Blick auf die Bühne gewähren. Zwischen 1200 und 3800 Besucher sollen hier eines Tages je nach Nutzung Platz finden – und von Messen und Kongressen bis zu Theatervorstellungen und symphonischen Konzerten brucknerschen Ausmaßes alles erleben können.
Das künftige Gebäude soll
flexibel genutzt werden können
Zweifel, ob denn die Bühnengröße etwa für die Sitzungen der Großen Monheimer Karnevalsgesellschaft (Gromoka) reichen werde, konnte Kock ausräumen. Die Ausstattung sei sehr flexibel, so dass man je nach Bedarf auch Teile des Zuschauerraumes der Bühne einverleiben könne. Ein kleinerer Saal für bis zu 300 Personen schließt sich an der vom Rhein abgewandten Seite an, schräg gegenüber wird ein weiterer Kubus ein Restaurant mit Dachterrasse beherbergen. Die Frage, ob das denn auch außerhalb der Veranstaltungen geöffnet sein werde, bejahte der künftige Intendant Martin Witkowski von der Stadttochter Monheimer Kulturwerke. Auch wie es um Barrierefreiheit und die Umweltbilanz bestellt sei, wollten Zuhörer wissen – und erhielten Antwort: Über fünf Aufzüge werde die Kulturraffinerie verfügen, sagte Thorsten Kock. Ein Blockheizkraftwerk erzeuge die nötige Energie.
Die Bürger im Ratssaal zeigten sich zum großen Teil sehr angetan von dem Projekt: Von einer „großartigen Planung“ war die Rede, ein Besucher sprach gar von einer „Rhein-Philharmonie“ – verknüpft mit dem Wunsch, eine ähnliche Kostenexplosion wie bei der berühmten Hamburger Kulturstätte möge Monheim erspart bleiben. Bürgermeister Daniel Zimmermann nannte den Preis: 74 Millionen Euro. Im Falle von Hochwasser oder vermehrten Altlasten könnten es 93 Millionen Euro werden. Zum Vergleich: Die Elbphilharmonie sollte ursprünglich 77 Millionen Euro kosten. Am Ende war es das Elffache: 866 Millionen Euro. Für den Fall, dass jemand vorhatte, die ketzerische Frage zu stellen, ob Monheim eine Halle dieser Größenordnung wirklich nötig habe, nahm Zimmermann seine Antwort gleich vorweg: Es gebe schon jetzt eine ganze Reihe von Veranstaltungen, wie die Berufsberatungsbörse, Abibälle oder eben Karnevalssitzungen, für die es mehr Kapazitäten brauche. Hinzu komme das Ziel, ein weiterführendes Kulturangebot zu etablieren. „Das Ding“, prophezeite ein Gast, „wird bis nach Hückeswagen wirken“.