Ukraine-Flüchtlinge in Langenfeld Aus der Ukraine nach Langenfeld geflohen

Langenfeld · Margarita Bielan ist mit ihren beiden Kindern aus der Ukraine geflüchtet und hat in Langenfeld ein neues Zuhause auf Zeit gefunden. Ihr Sohn Micha besucht bereits eine Grundschule. Die Gastgeber empfinden die kleine Familie als Bereicherung. Ihre Kinder verstehen sich gut.

 Margarita Bielan (l.) ist mit ihrer Tochter Marta und Sohn Micha gekommen. Die Familie Lukas Beruda/Concettina Abbate hat sie aufgenommen .

Margarita Bielan (l.) ist mit ihrer Tochter Marta und Sohn Micha gekommen. Die Familie Lukas Beruda/Concettina Abbate hat sie aufgenommen .

Foto: RP/Heike Schoog

(og) Das Haus an der Schillerstraße ist noch leer und still. Concettina Abbate öffnet das Tor zum Garten. Kurz darauf kommt ihr Mann Lukas Beruda mit vier Kindern herein. Lina (3) und Hana (2) begrüßen ihre Mutter Concetta stürmisch. Micha (10) und Marta (3) stürmen auf ihre Mutter Margarita Bielan zu und sprudeln gleich los. Eigentlich eine ganz normale Szene. Nur die Sprache verrät den ernsten Hintergrund. Micha und Marta sprechen Ukrainisch.

Margarita Bielan (37) ist mit ihren Kindern aus der Ukraine geflohen und am 11. März von der Familie Beruda/Abbate in Langenfeld herzlich aufgnommen worden. Da hatte sie gut 15 Tage Flucht hinter sich – zu Fuß, mit Auto und Flugzeug. Margarita Bielan lebt in Bucha, einem Ort nordwestlich von Kiew. „Mit dem Auto sind es 13 Minuten bis Kiew“, erläutert sie und beginnt dann, zu erzählen. „Am 24. sah ich um 5 Uhr morgens den Anruf eines Ex-Kommilitonen meines Mannes.

Das war ungewöhnlich. Doch dann haben alle verstanden: Jetzt ist Krieg“, sagt sie. Die vielen Ankündigungen Putins, die keiner so recht glauben wollte, sind bittere Wahheit geworden. „Viele hatten schon vorher gepackt. Ich nicht“, berichtet Margarita Bielan. „Erst habe es geheißen, die russische Armee würde nur militärische Einrichtungen treffen“, beschreibt sie die Entwicklung bis zur Fluchtentscheidung. Dann sah sie eine rusussische Antonov und hörte Bomben. „Wir gingen in den Keller der Kita“, sagt sie, dachten, das war‘s. Doch es ging weiter. Als sie dann aus ihrer Wohnung im sechsten Stock ein Militärflugzeug ganz dicht an ihrem Fenster vorbeifliegen sah, zwischen kleinen Häusern hindurch über einem Spielplatz, ist sie zu befreundeten Nachbarn gegangen und die Flucht begann, nur mit den Papieren und dem, was sie am Leib trugen. Den Koffer, den sie zwischenzeitlich gepackt hatte, konnte sie nicht mehr holen. Nach einem weiteren Tag gab es kein zurück mehr. Es ging immer weiter. „Es war, als ob wir geschoben würden. Benzin wurde Mangelware. Die Grenze zu Ungarn hat sie mit ihren Kindern schießlich zu Fuß erreicht. „Ich habe mich für die schnelle Route entschieden“, sagt sie. An der polnischen Grenze wollten zu viele Menschen rüber. In Ungarn sei es vergleichsweise leer gewesen. Das habe sie im Internet nachgeschaut. Von Budapest aus sind sie nach Köln geflogen, wo ihre Schwester, die in Langenfeld lebt, sie abgeholt hat. Doch diese erwartet weitere Flüchtlinge aus ihrem Heimatland, so dass Margarita und ihre zwei Kinder eine andere Bleibe suchten. Parallel haben sich Lukas Beruda und seine Partnerin Concettina entschlossen, eine Flüchtlingsfamilie aufzunehmen. „Das war ein Bauchgefühl“, sagt Beruda. Fünf Minuten hätten er und seine Lebensgefährtin darüber gesprochen. Dann sei die Entscheidung gefallen. „Ich liebe es, viele Menschen um mich herum zu haben“, sagt Concettina, die sizilianische Wurzeln hat. Großfamilie ist sie gewohnt. Beruda hat den Kontakt zum Rathaus gesucht und dort haben sich die Familien bei einem Kennenlern-Date, das die Verwaltung organisiert hat, getroffen. Anderthalb Stunden hat das Treffen gedauert, lange genug, dass Margarita Bielans Tochter Marta gar nicht mehr weg wollte. Das war am 7. März. Nach vier Tagen konnte die Familie an der Schillerstraße einziehen. Im Kellergeschoss hat Beruda ein Zimmer eingerichtet, mit Hochbett und einer Beleuchtung in den ukrainischen Farben. „Ich bin Elektriker“, zeigt er stolz an die Decke. Ein eigenes Bad ist um die Ecke. Margarita und ihre Kinder fühlen sich wohl in ihrem neuen Zuhause. „Wir haben großes Glück gehabt“, sagt sie. Auch ihr Sohn Micha ist glücklich. Er besucht seit wenigen Tagen die Erich-Kästner-Schule. „Jetzt brauche ich nur noch einen Kindergartenplatz für Marta“, so Bielan. Angemeldet hat sie ihre Tochter schon. Aber noch keinen Platz. Das könne dauern, weiß auch Langenfelderin Concettina Abbate um die Platznot in Langenfelds Kitas. Magarita Bielan hat, bevor die Kinder geboren wurden, in der Ukraine als Englischlehrerin gearbeitet und kann sich perfekt verständigen. Ihr Mann Georgii ist in der Ukraine geblieben. „Er darf nicht ausreisen wie alls Männer unter 60“, sagt die 37-jährige Ukrainerin. Doch er ist noch nicht in die Armee eingezogen worden, sondern kann weiter als Produktmanager im IT-Bereich arbeiten. Als sie das erzählt, kommen Bielan zum ersten Mal die Tränen. Sie hofft, dass der Krieg bald endet. Täglich hört sie die ukrainischen Nachrichten oder BBC. Das ungewisse Gefühl, ob sie bleiben muss oder bald wieder nach Haus kann, ist lähmend. Eine Arbeit annehmen würde sie dennoch.