Monheimer trotzen Krieg und Pandemie Narren feiern corona-konform in Brauchtumszonen
Monheim · Seit Donnerstag ist die Stadt fest in jecker Hand. Am Karnevalssamstag wurde in der Brauchtumszone gefeiert.
Sollte man dieser Tage – nach Corona-bedingten Absagen in den vergangenen zwei Jahren – wieder Karneval feiern, während unweit unserer Grenzen in der Ukraine ein blutiger Invasionskrieg tobt? Die Antwort auf diese Frage hatte sich die Große Monheimer Karnevalsgesellschaft (Gromoka) wahrlich nicht leicht gemacht, wie Sitzungspräsident Moritz Peters am Samstagnachmittag immer wieder von der Altstadtbühne in der Monheimer Brauchtumszone aus kundtat. Karneval, ein Fest von Nächstenliebe, Zusammenhalt und – besonders in diesen Pandemiezeiten – von aufeinander achtgeben, könne dieser Tage nicht oft genug gefeiert und unter Beweis gestellt werden. „Wir glauben daher, es ist besser, etwas zu tun und so unsere Reichweite zu nutzen, statt einfach alles abzusagen“, äußerte Peters und machte auf eine Spendenaktion zugunsten der Ukraine aufmerksam, die mit Hilfe der Rheinstürmer und mehreren blau-gelb bemalten Kartons durchgeführt wurde. „Ich will es rascheln und nicht klimpern hören“, motivierte Peters die Menge.
Konflikt war auch bei den Karnevalisten präsent
Der kriegerische Konflikt im Osten war, wie sich anhand einiger Kostüme zeigte, auch bei den Besuchern in der Brauchtumszone präsent: Schilder mit der Aufschrift „Make Fastelovend not War“, wobei das Wort „love“ mit bunten Lettern hervorgehoben war, hatten sich einige Besucher auf den Rücken geklebt oder gesteckt. Monika Erika Nachtwey in einem kunterbunten Clownskostüm frönte der guten Laune und Geselligkeit. „Ich sauge alles auf, was geht. Den Karneval haben wir als waschechte Rheinländer sehr vermisst“, äußerte die Altstadtbewohnerin freudig. Ob es richtig sei, angesichts des Weltgeschehens jetzt zu feiern? „Wenn nicht jetzt, wann denn dann?“, fragte sie provokant zurück. Angst vor einer Corona-Ansteckung aufgrund der Vielzahl an dichtgedrängten Menschen ohne Maske hatte sie nicht: „Wir sind geimpft, geboostert, getestet. Das Leben muss weitergehen.“
Womöglich fühlte sich dieser Moment für viele Anwesende wie ein Befreiungsschlag an: Felicia (13) und Selina (15) beispielsweise strahlten übers ganze Gesicht, als sie nach ihrem erfolgreichen Auftritt als Funkenkinder die Bühne unter Jubelrufen und dröhnendem Applaus verließen. Zwei Jahre lang hatten sie auf diesen Moment gewartet. „Das war so schön wieder vor Publikum zu tanzen“, sagte Felicia glücklich. Rund eineinhalb Jahren konnten sie nicht trainieren, trotzdem absolvierten sie ein bemerkenswertes Spektakel auf der Bühne. „Vor dem Auftritt waren wir ganz schön aufgeregt, aber auf der Bühne haben wir uns einfach nur noch gefreut“, berichtet Selina. Gefreut hatten sich wohl auch Franzi (22) aus Hitdorf und Freundin Celina (21) aus Monheim, die sich weinend in die Arme fielen, als Kasalla-Frontman Bastian Campmann zwischen zwei Liedern ebenfalls Bezug zu den außergewöhnlichen Zeiten nahm und die Menge aufforderte: „Feiert euch und feiert die Liebe.“ Große Tränen kullerten ihre Wangen herunter. „Wir sind einfach sehr, sehr glücklich wieder alle zusammen zu sein, gemeinsam feiern zu können.“
Die Sehnsucht nach Gemeinschaft zeigte sich beim Konzert
Die Sehnsucht nach Gemeinschaft zeigte sich auch während des Kasalla-Konzertes, als sich die bunt kostümierten Menschen einhakten, gemeinsam schunkelten und mit einer Stimme und voller Inbrunst „Mer sin Eins“ sangen. Die Menschenmenge formte Herzen mit den Fingern und hob sie in die Luft, wie ein Gebet voller Hoffnung, dass die Zeiten besser, die Pandemie besiegt und der Krieg schnellstmöglich beendet werde. Ein Karnevalssamstag, der oberflächlich und von außen betrachtet nicht viel mehr zu sein schien als ein egoistisch-buntes Zusammenkommen mit Besäufnis und Grölerei. Doch von innen erlebt, sprudelte aus jedem Einzelnen mehr oder minder ein Vulkan aus Emotionen heraus, ob der zurückgewonnenen Freiheit und dem wiedererlangten Gemeinschaftsgefühl oder eben dem Wunsch nach Liebe und Frieden statt einer weiteren Katastrophe.