Projekt: Erleben was Behinderung bedeutet
Im Rahmen einer Projektwoche stand für die Grundschüler vom Lerchenweg Donnerstag Ungewöhnliches auf dem Programm: Sie erlebten, was eine Behinderung bedeutet.
Monheim. „Ja, ich habe es geschafft!“ Nur mit viel Mühe gelingt es Lucy, den Rollstuhl zu drehen. „Das ist ganz schön anstrengend“, findet die Drittklässlerin. In der Turnhalle der Schule am Lerchenweg probiert sie mit ihren Klassenkameraden das Rollstuhlfahren aus.
Ihrem Mitschüler Görkem fällt das Bewegen mit dem Hilfsmittel schon leichter. „Ich kann sogar Stufen damit steigen.“ Dennoch ist der Achtjährige froh, als er den Rollstuhl wieder verlassen und auf seinen eigenen Beinen gehen kann.
Es ist „ein ganz normaler Tag“ an der Monheimer Grundschule. Als Blinder auf einem Tandem mitfahren, als Einbeiniger einen Parcours abgehen und ohne Zuhilfenahme der Arme einen Knoten binden — all das können die 330 Grundschüler an diesem Donnerstag ausprobieren.
Im Foyer der Schule bekommen die Kinder Gewichtswesten angelegt, mit denen sie verschiedene Turnübungen machen müssen. „Ich hatte neun Kilo umgebunden“, sagt Sarah. „Es war nicht leicht sich damit zu bewegen.“ Auch die Brailleschrift der Blinden und die Gebärdensprache der Gehörlosen werden den Schülern vorgestellt.
„Die Kinder sollen heute erleben, wie es ist, eine Behinderung zu haben“, sagt Schulleiter Achim Nöhles.
Zum ersten Mal wurden die acht Stationen der Langenfelder Weik-Stiftung in der Schule am Lerchenweg aufgebaut. Betreut werden sie von ehrenamtlichen Helfern der Stiftung, zum Teil selbst mit Behinderung, und von Oberstufenschülern des Otto-Hahn-Gymnasiums und der Peter-Ustinov-Gesamtschule.
Der Weik-Tag ist wesentlicher Bestandteil der Projektwoche zum Thema Inklusion, die nach den Pfingstferien in der Schule veranstaltet wird. Inklusion (lateinisch: einschließen) — das ist im pädagogischen Sinne der gemeinsame Unterricht aller Kinder, ob behindert oder nicht.
„Inklusion ist ein heiß diskutiertes Thema, mit dem wir uns immer mehr beschäftigen müssen“, betont Nöhles. Denn in nicht allzu ferner Zukunft soll in allen Grundschulen inklusiv beschult werden. Nöhles: „Wir stellen uns schon jetzt die entscheidenden Fragen: Ist es möglich, Schüler mit einer Behinderung und nichtbehinderte Schüler zusammen zu unterrichten? Und welche Grenzen gilt es zu überwinden?“
Der Weg zur Inklusion sei noch lang. „Mit dem Thema muss man geduldig umgehen, jedoch kann zu viel Geduld auch lähmen“, warnt Nöhles. Der Weik-Tag dient nun vor allem dazu, Kinder und auch Eltern schon einmal zu sensibilisieren.
Der Grund, weshalb „der ganz normale Tag“ im Jahr 2005 von Bernhard Weik ins Leben gerufen wurde: „Als ich von einem Paralympics-Teilnehmer erfahren musste, dass das Schlimmste nicht die Amputation des Beines mit acht Jahren war, sondern die Hänseleien der Mitschüler, war mir klar, dass etwas passieren muss“, sagt der engagierte Langenfelder.
„Für die Schüler ist es heute natürlich zu allererst ein ganz großes Happening, die verschiedenen Stationen durchzugehen“, sagt Nöhles. „Dennoch werden sie sicher jetzt anders reagieren, wenn sie einen behinderten Menschen auf der Straße sehen.“