Senioren singen bekannte Volkslieder

Im Monheimer Grevel-Haus erklingen im Rahmen der Singwoche vor allem Matthias-Claudius-Lyrik und andere Weisen.

Foto: Ralph Matzerath

Monheim. Konzentriert und fröhlich geht es zu bei der Singwoche im Johann-Wilhelm-Grevel-Haus in Monheim. Gisela Schmelz steht neben dem Flügel. Die 90-minütige Chorprobe unter der Leitung der Kirchenmusikerin beginnt mit Atemübungen und einem Einsingen. Anschließend geht es im Gemeindehaus der Evangelischen Kirche an der Falkenstraße gleich zur Sache. Mit einem Kanon, der es in sich hat: „Wenn mich in der Stadt jemand fragt, wie er zur Oper kommt, dann sag ich: ,Üben, üben, immer schön üben, üben, üben.‘“ Der Text sorgt bei dem offenen Singen für ältere Monheimer und Langenfelder für Erheiterung. Die Melodie indes steckt voller Sprünge und rhythmischer Versatzstücke.

Georg Schomberg, Teilnehmer der Singwoche

Nach einigen Tagen Üben, Üben, Üben sitzt das Stück aber schon ganz gut. Gisela Schmelz feilt nun mit den sangesfreudigen Senioren noch an einzelnen Stellen. Das zweite Stück ist die Vertonung eines Gedichts von Matthias Claudius: „Die Sterne am Himmel“. Es klingt wie ein altes Volkslied. Stammt jedoch aus der Feder von — Gisela Schmelz. „Ich habe keine passende Melodie dazu gefunden“, sagt die Kirchenmusikerin. Texte von Matthias Claudius, des berühmten Volkslied-Dichters aus der Goethe-Zeit, stehen im Mittelpunkt der Auswahl der diesjährigen Singwoche. Schmelz hat sie ergänzt um Volkslieder, Evergreens, Musical-Melodien und Filmmusik. Dabei greift sie gern Vorschläge der Teilnehmer auf: Jeder kann Stücke einbringen.

Georg Schomberg gefällt dieses Konzept. Der 76-Jährige hat voriges Jahr zum ersten Mal mitgesungen. „Es hat mir so gut gefallen, dass ich jedes Jahr wiederkommen werde“, sagt der Richrather. Sein Beitrag ist ein bekanntes russisches Volkslied: „Eintönig klingt das Glöcklein“.

Das Stück, das oft für Volksmusiksendungen unsäglich verkitscht und für den Massengeschmack banalisiert wurde, trägt in Wahrheit die Tiefe der russischen Seele in sich und gehört zu ihren anrührendsten Zeugnissen. Als Schomberg es mit zwei Damen aus dem Chor auf Russisch vorträgt, ehe alle gemeinsam eine deutsche Fassung singen, hat das Gänsehautwirkung.

Die jährliche Singwoche „für Menschen, die schon länger auf der Welt sind“, bietet Schmelz seit 1992 an. Einige Stücke begleitet sie am Flügel, andere lässt sie a capella vortragen. Diesmal sind fünf Männer und 17 Frauen dabei. Inge Scholer zum Beispiel. Die Monheimerin macht zum vierten Mal mit. „Es macht mir wirklich Spaß“, sagt die 69-Jährige, die auch die von Schmelz geleitete Blockflötengruppe besucht.

Die täglichen Proben führen zu schnellen Fortschritten. „Üben, üben, immer schön üben“, wie es schon im Kanon heißt. Auch nach reichlich Gebrauch wirken die Stimmen frisch: „Aus der Jugendzeit“ auf einen Text von Friedrich Rückert (1788-1866) gelingt auf Anhieb. „Die Melismen und chromatischen Partien, das ist schwierig“, bemerkt Schmelz. „Das hab ich ja auch in meiner Jugendzeit gelernt“, erwidert ein Teilnehmer mit feinem Witz. Ihr Talent beweisen die Sänger am Ende in einem Konzert.