Was, wenn der letzte Zivi geht?

DRK, Awo, Biologische Station — sie alle schlagen Alarm. Denn sie müssen bald auf wichtige Unterstützung verzichten.

Monheim. Christian Becker (22) ist einer der letzten seiner Art. Er ist Zivildienstleistender beim Fahrdienst für Menschen mit Behinderung des Deutschen Roten Kreuzes — bis September.

Wie es dann weiter geht, weiß Eva Niedermeyer, Leiterin des DRK-Fahrdienstes, noch nicht. Zur Jahresmitte wird die Wehrpflicht ausgesetzt. Damit endet auch der Zivildienst. Als Ersatz wird ab 1. Juli der Bundesfreiwilligendienst eingeführt.

Ob sich allerdings genügend Jugendliche freiwillig melden, bleibt fraglich. „Wir setzen aus diesem Grund auch auf Frührentner, die noch fit sind und keine Lust haben, den ganzen Tag zu Hause zu sitzen“, sagt Niedermeyer.

Im Gegensatz zum freiwilligen sozialen Jahr, das eine Altersgrenze von 27 Jahren hat, können den Bundesfreiwilligendienst auch Senioren antreten.

Werner Bischoff, Vorsitzender der Arbeiterwohlfahrt Monheim, sieht die neue Regelung skeptisch. „Die Bundesregierung hat das alles mit der heißen Nadel gestrickt und sich keine großen Gedanken gemacht.“

Er hingegen mache das. Bischoff glaubt nicht, dass der Bundesfreiwilligendienst für junge Leute attraktiv gestaltet wurde. „Man muss sich für ein Jahr verpflichten und die Bezahlung ist schlecht.“ Den „Ersatzzivis“ wird im Schnitt ein Taschengeld in Höhe von 300 Euro monatlich gezahlt. Ein Zivildienstleistender erhielt bis zu 600 Euro Sold im Monat.

Bisher waren immer zwei Zivildienstleistende für die Awo im Gertrud-Borkott-Haus und im Louise-Schroeder-Haus im Einsatz. Tim Fleischer betreut noch bis Freitag Senioren in der Anlage für betreutes Wohnen an der Opladener Straße. „Ich habe zu vielen Bewohnern eine echte Verbindung aufgebaut“, sagt der 20-Jährige. In den letzten Wochen kam immer öfter die Frage: „Was machen wir nur ohne dich?“

Das fragt sich auch Stefanie Egeling von der Biologischen Station Haus Bürgel. Jugendliche absolvierten hier statt einem Zivildienst ein freiwilliges ökologisches Jahr. „Jetzt wo die Pflicht wegfällt, wissen wir nicht, was das für Auswirkungen auf uns hat“, sagt Egeling. Sie hofft, dass es auch weiterhin Bewerber geben wird. Bisher sieht es aber schlecht aus.

„Ich glaube leider, dass es sehr schwierig wird, Freiwillige zu finden“, sagt Christian Becker. Der 22-Jährige hat bereits eine Ausbildung zum Bankkaufmann absolviert und nutzt den Zivildienst beim DRK als Zwischenlösung während der Jobsuche.

Finden sich nicht mindestens zwei Freiwillige, steht der gesamte DRK Ortsverein Monheim auf der Kippe. Schon jetzt übernehmen Eva Niedermeyer und ihre Kollegin Heike Ogon selbst Fahrten, obwohl sie ursprünglich nur für den Bürodienst eingesetzt werden sollten. „Für die behinderten und alten Menschen in Monheim wäre unser Wegfall undenkbar“, sagt Niedermeyer.