Monheim Zukunftswerkstatt fließt in Projekte ein

Monheim. · 2013 ist das Handlungskonzept für das Berliner Viertel entstanden. Was ist von den Handlungsfeldern geblieben?

Die LEG saniert derzeit mit hohem Aufwand ihre Wohngebäude, hier an der Charlottenburger Straße.

Foto: Matzerath, Ralph (rm-)

Die Verbesserung der Sozialstruktur im Berliner Viertel ist eines der strategischen Ziele der Stadt Monheim. 2012 stieß die Stadtverwaltung unter dem Titel „Zukunftswerkstatt Berliner Viertel“ einen Diskussionsprozess über die weitere Entwicklung dieses Stadtteiles an, wobei vor allem das negatives Image in den Fokus genommen werden sollte. Sechs Handlungsfelder wurden auf Grundlage einer Anwohner­befragung ermittelt, zu denen im Lauf der Diskussion einzelne Projekte und Maßnahmen erarbeitet wurden. Diese wurden 2013 in einem Handlungskonzept zusammengefasst. Was ist daraus geworden?

Sicherheit

Vor 20 Jahren galt das Berliner Viertel als sozialer Brennpunkt. „Davon sind wir weit weg“, sagt Dirk Dünchheim, Leiter der Polizeiwache Monheim. Im Viertel würden nicht mehr Straftaten begangen als in anderen Stadtteilen. „Dort kann man sich abends bedenkenlos aufhalten“, sagt er. In den vergangenen fünf Jahren hätten sich die Maßnahmen von Ordnungsbehörden und Polizei, wie regelmäßige Kontrollen der Spielplätze, positiv bemerkbar gemacht. Die Zahl der Körperverletzungsdelikte (vor allem im häuslichen Bereich) stagniere, die Rauschgift-Kriminalität sei im Jahr 2018 um 15 Prozent gegenüber 2017 zurückgegangen. Die Bürger wüssten, dass die Wache rund um die Uhr besetzt sei und nutzten das auch, so Dünchheim.

Bildung/Ausbildung

Da die Stadt als ein wesentliches strategisches Ziel die Chancengleichheit benachteiligter Kinder und Jugendlicher verfolgt, greifen hier viele gesamtstädtische Maßnahmen, wie die Gebührenfreiheit von Kindergarten und Offener Ganztagsschule, die kostenlosen Angebote von Musik- und Kunstschule und Ulla-Hahn-Haus zur Sprachförderung sowie die präventiven Bildungsangebote des „Mo.Ki“-Netzwerkes.

Wohnumfeld

Ein Projekt, das den Abschluss des Diskussionsprozesses Zukunftswerkstatt überdauert hat, ist die 2013 initiierte Blumenaktion am Ernst-Reuter-Platz in Kooperation mit der LEG: Die Pflanzen für Balkone und Mietergärten würden gut nachgefragt, berichtet Stadtteilmanager Georg Scheyer. Ein weiterhin ungelöstes Problem seien jedoch die herrenlosen Einkaufswagen, die das Stadtbild störten. „Es sind immer die gleichen Leute und Häuser, vor denen die entführten Wagen stehen“, berichtete er bei einer Präsentation seines Aufgabenfeldes im Integrationsrat. Vor einigen Jahren habe der Betreiber des Discounters eine Wegfahrsperre installiert, es gebe aber offenbar Möglichkeiten, diese auszutricksen. Ein weiteres Problem, das die Stadtverwaltung seit Jahrzehnten verfolge, sei der Sperrmüll: „Nicht nur wird mit dem sperrigen Möbeln auch oft Hausmüll entsorgt, die Abholtermine ziehen auch Mülltouristen an, die dann die Berge auseinanderrupfen“, sagt Scheyer. Angesichts dieser weiträumigen Verwüstungen brauchten die beauftragten Entsorgerfirmen oft zwei bis drei Tage, bis die Unordnung wieder beseitigt sei. Diese Bilder tragen zum schlechten Image des Viertels bei. Deshalb würde sich Scheyer mehr Initiative der Anwohner in Hinblick auf eine soziale Kontrolle wünschen. „Man sollte die betreffenden Nachbarn ansprechen oder bei der LEG anzeigen. Die Verwaltung kann nicht kontrollieren, wer was wohin schmeißt“, so Scheyer.

Freizeitangebote

Von der Bevölkerung kaum wahrgenommen, obwohl offensiv beworben werden die Info-Veranstaltungen im Stadtteiltreff. „Die Nachfrage ist gering, das ist schon enttäuschend“, sagt Scheyer. Das trage auch nicht zur Lösung wesentlicher Probleme wie der oft diskutierten Schimmelproblematik bei, denn diese sei oft von den Bewohnern selbst verschuldet. Er beklagt, dass die Info-Angebote von Stadt und Bewohnungsgesellschaften nicht genutzt würden. „Jeder verfügt über die entsprechenden Medien, aber niemand gucke sich auf der besten Info-Börse um, der Website der Stadt“, sagt Scheyer. Er könne nicht jeden einzelnen Bewohner persönlich ansprechen, das mache er nur, wenn es darum gehe, Schlüsselakteure für bestimmte Veranstaltungen zu gewinnen. Durch die inzwischen sehr vielfältigen Online-Beteiligungsforen stünden grundsätzlich allen Bewohnern alle Türe offen, mitzureden und mitzudenken.

Bürgerschaftliches Engagement

Um Vorurteile abzubauen und Anlässe zur gegenseitigen Begegnung von Bewohnern des Viertels und anderen Monheimern zu schaffen, wurde unter anderem die Reihe „Monheim kocht bunt“ eingeführt, die vermutlich das Produkt mit der stärksten nachhaltigsten Außenwirkung der Zukunftswerkstatt ist. Ebenfalls daraus hervor gegangen ist die Karnevalsgruppe „Een Veedel Monnem am Rhing“, in der Bewohner des Viertels gemeinsam mit behinderten Menschen aus dem Café „Gut drauf“ der evangelischen Kirche im Rosenmontagszug mitziehen. Auch die Mach-mit-Stadtmeisterschaften, an denen jährlich 350 Kinder teilnähmen, und das Familien-Picknick seien Projekte, die sich bewährt hätten und fortgeführt werden, so Scheyer.

Inzwischen ist die Zukunftswerksstatt im Aktionsplan Monheim inklusiv aufgegangen: Mittels der Miniprojektbörse, die Gabriele Osten-Burnus vom Inklusionsbüro betreut, wird zumindest das Handlungsfeld Bürgerschaftliches Engagement weiterhin emsig bestellt. Die Börse hat den Fond „Aktiv gemeinsam leben“ abgelöst, über den einst beispielsweise ein Schwimmkursus für Frauen mit Migrationshintergrund initiiert wurde. Sie verfügt über ein Budget von 25 000 Euro. Projekte, die sich auf das Viertel beziehen, sind etwa die Lerngruppe Brandenburger Allee, ein Theaterprojekt von Eltern der Kita Max und Moritz, die „Peterchens Mondfahrt“ aufführen, ein Wendo-Kurs für Frauen, ein Kunstprojekt des Beratungscentrums für Flüchtlinge und ein Kurs Ebro-Malerei. „Eine Lenkungsgruppe entscheidet quartalsweise darüber, welches Projekt gefördert wird“, stellt Oesten-Burnus fest. Gefördert wird, was einen erkennbaren Beitrag zur Inklusion im Sinne des Aktionsplans leisten. „Sie sollen das Miteinander fördern und darauf ausgerichtet sein, fremdbestimmte Ausgrenzung abzubauen und vorhandene Barrieren zu überwinden“, sagt sie.

Image

Nach Ansicht des Stadtteilmanagers stammten die negativen Urteile oft von Menschen, die „noch nie hier waren“. Die Vorurteile machten sich an den Plattenbauten fest, am monostrukturierten Einzelhandel, „aber das gibt es auch anderswo“, sagt Scheyer. Anders als in anderen Kommunen könne er als Quartiersmanager hier auf städtische Hilfs- und Beratungssysteme sowie Bildungsangebote zurückgreifen, „nach denen sich andere die Finger lecken würden.“

Bürgermeister Daniel Zimmermann erhofft sich von den drei großen städtebaulichen Projekten eine Kehrtwende: „Ab 2021/22 haben wir ein anderes Bild vom Viertel: Wenn die LEG-Sanierungen beendet sind, die Monheimer Wohnen ihr Quartier gebaut hat und das private Bauvorhaben auf dem Schlüsselgrundstück am Eingang zum Viertel, an der Friedrichstraße, realisiert wurde.“