Geflüchtete in Mettmann Flüchtlingsunterkünfte am Limit

Mettmann · Beunruhigende Prognose: Mettmann stößt laut Sozialdezernent 2022 an die Grenze oder muss Kapazitäten erweitern.

In der städtischen Unterkunft Seibelstraße wohnen momentan Menschen aus 17 Nationen.

Foto: Köhlen, Stephan (teph)

Der Warnruf aus dem Sozialdezernat ist klar und eindeutig: Mettmann stößt bei der Aufnahme geflüchteter Menschen noch im laufenden Jahr an seine Kapazitätsgrenzen. In einer Informationsvorlage für den Integrationsrat (Donnerstag, 3. Februar, 17 Uhr im Rathaussaal) sagt der zuständige Dezernatsleiter Marko Sucic auf Seite 4 klipp und klar, dass „der aktuell zur Verfügung stehende Wohnraum für die Unterbringung der im Jahr 2022 neu unterzubringenden Personen nicht ausreichen“ wird.

197 Menschen lebten im Dezember 2021 in den fünf städtischen Unterkünften. Momentan wird mit einer steigenden Zahl von Geflüchteten gerechnet. Laut dem Stand vom 9. Januar hätte Mettmann gerade noch drei Personen aufnehmen können, bis die Zuweisungsquote nach dem Flüchtlingsaufnahmegesetz zu 100 Prozent erfüllt gewesen wäre. In Kürze werden von der zuständigen Bezirksregierung in Arnsberg neue Quoten bekannt gegeben. Hinzu werden nach Sucics Einschätzung Personen mit Wohnsitzauflage kommen. Sie bekommen ihren Wohnort vorgeschrieben, haben aber zugleich ein Anrecht auf Unterbringung.

Dieser Nachfrageanstieg trifft Mettmann zu einem schlechten Zeitpunkt. „Wir haben in der Stadt einen Wohnungsstau“, sagt Reza Moshref, der im Auftrag der Caritas den Fachdienst Integration und Migration koordiniert. Etwa 40 Prozent der Personen, die in den städtischen Unterkünften leben und dort dafür Miete zahlen, wünschen sich laut Moshref nichts sehnlicher als dies: eine eigene Wohnung. Nur, die sind absolute Mangelware auf dem Mettmanner Wohnungsmarkt. Und daher bleiben auch die Geflüchteten, deren Status amtlicherseits längst anerkannt ist, in den engen städtischen Unterkünften.

Belegung gleicht einem diplomatischen Balanceakt

An der Seibelstraße, so Sucic, gebe es zurzeit wenige freie Zimmer. Die Belegung gleicht einem diplomatischen Balanceakt. Im Augenblick wohnen an der Seibelstraße Menschen aus 17 Nationen Tür an Tur. Unterschiedliche Glaubensrichtungen sind bei der Zimmervergabe ebenso zu berücksichtigen wie eine möglicherweise vorhandene Berufstätigkeit. Denn wer morgens früh zur Arbeit muss, hat einen anderen Lebensrhythmus als Personen, die noch auf die nächsten Amtsbesuche warten müssen und derweil zum Nichtstun verpflichtet sind.

Die städtische Unterkunft an der Kleberstraße wird derzeit vom Amt genutzt, um dort Familien unterzubringen – und so die anderen Quartiere zu entlasten. Denn in Zeiten von Covid-19 ist das Wohnen dicht an dicht zusätzlich mit dem Infektionsrisiko behaftet. Eigentlich sollen an der Kleberstraße Räume freigehalten werden, um dort Menschen hinzubringen, die unter Quarantäneauflagen stehen. Die Flüchtlingsunterkunft an der Hasseler Straße sei zurzeit nahezu ausgelastet. Dasselbe gelte für die Räume an der Danziger Straße. Die dort noch zur Verfügung stehenden Notfallwohnungen werden vorgehalten für akut von der Obdachlosigkeit bedrohte Familien, Familien, die nach einer Zwangsräumung eine Bleibe brauchen und als Notfallunterkunft für Quarantänefälle der Ordnungsbehörde Mettmann. Auch an der Talstraße sieht es kaum besser aus: Bislang konnte hier auf Corona-Abstände geachtet werden. Nun würden die dort untergebrachten Familien die Küchen und Sanitäreinrichtungen nicht mehr familienintern nutzen können, sondern mit anderen Mitbewohnern teilen müssen.

Eine Lösung erhofft sich die Stadt unter anderem von einer Unterstützung durch den Immobilienexperten der Caritas. Der Verband werde im Integrationsrat berichten, wie genau das aussehen könne.

Auf der Suche nach zusätzlichem Wohnraum will Marko Sucic die erworbenen Erfahrungen nutzen. Gemeinschaftsunterkünfte seien zu unflexibel, um auf Herkunft und Lebensumstände der Menschen eingehen zu können.

In einer idealen Welt würde die Stadt mehrere kleine Wohneinheiten finden, mit eigener Nasszelle und Kücheneinrichtung für die Bewohner. Das gibt es in Mettmann im Moment nicht.