Gruiten: Jubiläum - Gruitens SPD wird 100

Der SPD-Ortsverein ist die älteste politische Kraft am Ort. Der Zusammenschluss mit Haan 1975 wurde nach zwei Jahren rückgängig gemacht.

Gruiten. Als sozialdemokratische Hochburg kann man Gruiten nicht bezeichnen. Aber dass die SPD die älteste politische Kraft am Ort ist, lässt sich nicht leugnen. 1909 gegründet, feiert sie in diesem Jahr ihr 100-jähriges Bestehen.

"Die politischen Mehrheiten haben hier immer stark gewechselt. Wir hatten hier ja auch eine starke kommunistische Partei", sagt Beate Kier. Die 70 Jahre alte Gruitenerin war zwölf Jahre lang Ortsvereinsvorsitzende der Gruitener Genossen und hat sich für den Festakt in der kommenden Woche mit der Geschichte des Ortsverbandes befasst. Keine ganz leichte Aufgabe, denn die Unterlagen der Partei wurden in der NS-Zeit beschlagnahmt und sind seitdem verschwunden. Auch sind wesentliche Akten 1974 nach der kurzen und nur vorübergehenden Zusammenführung der Ortsvereine Haan und Gruiten vernichtet worden.

"Aber die Gründung ist klar belegt", versichert Beate Kier. Und auch die Tatsache, dass noch vor Ausbruch des Krieges 1914 zwei der Gründungsmitglieder, unter ihnen der erste Vorsitzende Karl Mehlitz, wegen sozialistischer Wahlpropaganda für 14Tage ins Gefängnis mussten. "Aber von uns ist hier keiner umgekommen, auch nicht unter der Herrschaft der Nationsozialisten. Die sind alle wieder aufgetaucht", sagt Heiner Wolfsperger, seit 1995 Ortsvereinsvorsitzender.

Während der Weimarer Republik war die SPD in Gruiten eine feste politische Größe. Dementsprechend gehörten die Gruitener Genossen Karl Mehlitz, Johann Büchel und Karl Weber der Bürgermeistereiversammlung an. Mehlitz übernahm sogar für zwei Monate die Amtgeschäfte des Bürgermeisters Armbrustmacher, nachdem der durch die französische Besatzungsmacht festgenommen wurde.

Am 12. März 1933 fanden die letzten halbwegs freien Gemeinderatswahlen satt. Von 13 Mandaten konnte die SPD nur eines erringen. Paul Remus wurde der letzte Vertreter der SPD, die NSDAP stärkste Fraktion, die beiden gewählten Kommunisten wurden verhaftet, der Kommunist Max Kremer dabei erschossen. Nur drei Monate später sitzen bereits mehrere Genossen, unter ihnen auch Karl Mehlitz, im KZ - kommen aber wieder frei.

Zwischen 1933 und 1945 gab es keinerlei - auch keine geheimen - Aktivitäten der Gruitener SPD. 1946 versammelten sich zwölf Genossen, um den SPD-Ortsverein wieder gründen. "Heinz Poock, der Vater von Brigitte Taschke, wurde erster Vorsitzender", erzählt Beate Kier. Und Wolfsperger ergänzt: "Das war er aber nur für kurze Zeit, denn er wechselte dann zu den Kommunisten."

Es folgten überraschende Wahlsiege und dramatische Niederlagen. 1975 wird das Amt Gruiten aufgelöst und Gruiten nach Haan eingemeindet. Dafür hatte sich auch die SPD Gruiten eingesetzt, nachdem an eine Selbstständigkeit nicht mehr zu denken war. Gleichzeitig schlossen sich die Gruitener den Haaner Genossen an. "Nach zwei Jahren lief hier nichts mehr", sagt Wolfsperger.

Die Bürgernähe und das Engagement gingen verloren. Also wurde im November 1976 der neue Ortsverband gegründet. "Das ging bis vors Parteiengericht. Jetzt sind wir mit 65Mitgliedern der kleinste Ortsverein im Kreis Mettmann", sagt er. "In Hochzeiten kamen wir auf bis zu 100 Mitgliedern."

Seit der Neugliederung muss die SPD auch mit der Übermacht der CDU zurechtkommen. "Am Anfang war es schwierig, überhaupt nur einen Antrag durchzubekommen", sagt Beate Kier. "Da konnten wir oft nur anstoßen." Stolz sind sie und Wolfsperger auf den Erhalt des Fabrikgebäudes in Gruiten-Dorf, in dem jetzt der evangelisch-reformierte Kindergarten untergebracht ist. "Die CDU wollte das Gebäude abreißen." Auch das heutige Bild der Bahnstraße geht auf eine Initiative der SPD Gruiten zurück.

"Wir wollten auch, dass der geplante Supermarkt kein Flach-, sondern ein Satteldach erhält. Das Äußere war uns so wichtig, und es ist doch hervorragend gelungen", sagt Beate Kier und fügt hinzu: "Wir haben so einiges angestoßen, zum Beispiel auch das Kinderfest und den immer ausverkauften Tanz in den Mai. Das waren wunderbare Sachen, man traf Freund und Feind."

Weil inzwischen aber viele das anbieten, was die SPD angeboten hat, sei das gesellschaftliche Engagement der Genossen zurückgegangen. Kier: "Wir haben uns auf die Kernpolitik konzentriert."