Haan: Ein Leben ohne Augenlicht
Die Haanerin Gabi Bongard will anderen Sehbehinderten mit ihrem Wissen helfen.
Haan. Einen Kaffeeklatsch möchte Gabi Bongard nicht ins Leben rufen. "Aber das wird es am Anfang natürlich sein", sagt die 51-Jährige mit dem sympathischen Lächeln. Sie will in Haan einen regelmäßigen Treffpunkt für Menschen mit Sehbehinderung ins Leben rufen. Ein erstes Treffen hat sie für Dienstag, 19.Oktober, 15 bis 17 Uhr, in den Räumen des Hauses für Familien am Bandenfeld organisiert. "Mal sehen, wer kommt", sagt sie.
Das Treffen soll den Gästen die Möglichkeit zum Erfahrungsaustausch geben. "Die Frauen und Männer sollen merken, dass sie nicht allein sind", sagt Bongard, die mit dieser Gruppe dann irgendwann als Lobby auftreten möchte. Zum Beispiel, wenn es in der Stadt um Themen geht, die auch Sehbehinderte angehen. Beispielsweise die von der SPD geforderte Querungshilfe auf der Landstraße.
Beim Ortstermin in der vergangenen Woche mit Vertretern des Stadtrates und der Verwaltung waren sie und ihr Hund "Inuit", ein fast fünf Jahre alter Neufundländer, ebenfalls dabei. "Das Thema ist ja nicht neu", sagt sie. Sie würde es begrüßen, wenn die Querung aus Noppenpflaster angelegt würde, weil es Menschen, die zum Beispiel mit dem weißen Stock unterwegs sind, die notwendige Orientierung bieten kann. "Deshalb war ich auch ein bisschen enttäuscht, dass der Behindertenbeauftragte der Stadt nicht dabei war", sagt Bongard.
Sie selbst ist seit ihrer Geburt sehbehindert. Als Kind hatte sie noch 20 Prozent Sehkraft, inzwischen sind es nur zwei Prozent. "Was ein gesunder Mensch auf 20 Metern sieht, sehe ich auf zwei Zentimetern", beschreibt sie ihr Handicap. Das beeinträchtigt sie zwar, hat sie aber nicht daran gehindert das Abitur zu machen, zu studieren und zu arbeiten. "Ich würde auch immer noch gerne arbeiten, aber dass ich noch etwas finde, ist illusorisch", sagt die gebürtige Haanerin, die jetzt Frührentnerin ist. "Aber nicht aufgrund meiner Sehbehinderung, sondern wegen anderer massiver gesundheitlicher Beeinträchtigungen."
Gabi Bongard hat während ihres Sehbehinderten-Studiums auf Lehramt an der Sehbehinderten-Schule in Düsseldorf gearbeitet. "Ich konnte das Studium leider nicht beenden, weil sich meine Augen weiter verschlechert haben", sagt sie bedauernd. "Ich hätte dann nur noch an einer Blindenschule unterrichten können und hätte dafür mit meinem Studium noch einmal von vorne anfangen müssen." Stattdessen hat sie in der Sozialarbeit, bei einem Mobilitäts- und Führhunde-Ausbilder sowie bei einem Hersteller von technisch-elektronischen Hilfen für Sehbehinderte gearbeitet und Anfang der 1990er-Jahre die Selbsthilfegruppe für Sehbehinderte in Düsseldorf gegründet und aufgebaut.
Dementsprechend kennt Gabi Bongard sich aus, weiß zum Beispiel, welche Hilfen Sehbehinderte in Anspruch nehmen können. Und kann so auch anderen Betroffenen in Haan helfen und sie beraten.