Haan: Fakten statt Kuschelpädaogik

Schüler und Lehrer feierten am Freitag den offiziellen Schulstart im Waldorf-Berufskolleg.

Haan. Beinahe zehn Jahre sind von der Idee bis zur Umsetzung vergangen. Am Freitag fiel nun endlich der offizielle Startschuss für das Berufskolleg der Waldorfschule in Gruiten - genauer: Waldorf-Berufskolleg für Technik und Naturwissenschaften. Das ist der offizielle Name der Einrichtung, der schon vieles verrät.

Denn der Schwerpunkt liegt im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich, in dem auch die Praktika angesiedelt sein sollten, die zum Unterrichtskonzept gehören. "Das ist keine Kuschelpädagogik, sondern anspruchsvoller Unterricht, in dem Faktenwissen vermittelt wird", stellt Katrin Driesen-Glittenberg, Geschäftsführerin des Kollegs, klar.

Daher sei der Unterricht mit dem in anderen Berufskollegs durchaus vergleichbar. Die Art der Vermittlung sei allerdings anders. "Es ist ein kleines und überschaubares Umfeld, und es gibt einen engen, persönlichen Kontakt zwischen Schülern und Lehrern", sagt Driesen-Glittenberg.

Für die erste Klasse, die mit dem Schuljahresbeginn den Unterricht aufgenommen hat, haben sich zwölf Schüler angemeldet. Für 20 Teilnehmer wäre Platz gewesen. "Wir hoffen darauf, dass sich das Angebot in Zukunft herum sprechen wird", sagt Karin Driesen-Glittenberg. Vermutlich dürfte es schon bald Wartelisten geben, denn am Berufskolleg der Waldorfschule können sich auch externe Schüler anmelden.

So wie Gina Balice, die von der Volkshochschule in Mettmann gekommen ist, wo sie nach dem Realschulabschluss im vergangenen Jahr ihre Qualifikation fürs Abitur nachgeholt hat. "Ich habe neun Jahre in Spanien gelebt und war dort auf einer Gesamtschule. Das wurde hier nicht anerkannt, und ich bin dann in Mettmann auf die Hauptschule gegangen", berichtet die 23-Jährige. "Ich würde gern studieren und in die Stammzellenforschung gehen oder Biolehrerin werden."

Nicht weniger konkret sind die Pläne von Jonas Christophery. Der 17-jährige Waldorfschüler wechselt von der elften Klasse ins Berufskolleg und hat seinen Praktikumsplatz schon in der Tasche. "Ich arbeite in einer Firma in Tel Aviv, auch um mein Englisch zu verbessern", sagt er.

Klassenkamerad Phillip Brandt (19) wird sein Praktikum in der Abteilung Mikrobiologie des Wuppertaler Helios-Klinikums absolvieren. "Wir haben ein großes Netzwerk an Kooperationsfirmen, da Praktika zum festen Bestandteil des Lehrplans gehören", sagt Katrin Driesen-Glittenberg.

Der Schwerpunkt der Unterrichtsausrichtung der Kollegklasse werde jedes Jahr neu festgelegt. "Da schauen wir auch auf die Interessen der Schüler", sagt Driesen-Glittenberg. In Frage kämen die naturwissenschaftlichen Fächer Chemie, Physik und Biologie. Im künstlerischen Bereich können Wahlpflichtfächer belegt werden.

Für den Klassenraum des Berufskollegs mussten übrigens die Oberstufenschüler ihren Rückzugsraum hergeben. "Die Bezirksregierung hat unseren Antrag auf einen zusätzlichen Raum leider abgelehnt. Dort wurde uns empfohlen, die Klassenräume durch die bestehenden Räume vagabundieren zu lassen, was wir den Schülern nicht zumuten wollten", bedauert Karin Driesen-Glittenberg.