Jugendliche sühnen mit dem Pinsel

Straffällig gewordene Jugendliche erhalten im Rahmen eines Projekts von „Neue Wege“ die Chance, der Allgemeinheit etwas Sinnvolles zurückzugeben.

Foto: Stephan Köhlen

Mettmann/Erkrath. Der erste Tag hat alle geschlaucht. „Ich bin am Montagabend sofort ins Bett gefallen“, sagt einer. Sein Kollege muss noch früher raus als andere aus der Gruppe, weil er mit dem Bus von Erkrath zum Stadtwald in Mettmann fährt. Dort arbeiten elf straffällig gewordene Jugendliche als Projektgruppe des Vereins „Neue Wege“. Weil sie beim Klauen erwischt wurden, andere durch Schläge oder Tritte verletzt haben oder anderwertig mit dem Gesetz in Konflikt geraten sind, geben sie so der Allgemeinheit etwas zurück. In der Woche vor Ostern befreien sie das Naherholungsgebiet von Müll, streichen Zäune, reparieren Tische und Bänke und werden den Bauwagen des Jugendamtes streichen, der direkt neben der Skate-Anlage parkt.

Das ist nicht freiwillig, sondern eine Maßnahme der sogenannten „Diversion“. Dabei klagt die Staatsanwaltschaft einen Beschuldigten nicht vor dem Jugendgericht an, sondern überweist ihn an die Jugendgerichtshilfe. Die Arbeitswoche im Mettmanner Stadtwald ist eine Auflage, die den Jugendlichen die Chance gibt, über ihr Fehlverhalten nachzudenken. „Wenn man Sch . . . gebaut hat, muss man eben dafür gerade stehen“, sagt einer der Beteiligten, der sich mit Eimer und Schaufel durchs Unterholz arbeitet.

„Wir haben am ersten Tag Regeln festgelegt. Niemand kommt zu spät. Handys bleiben ausgeschaltet. Wir behandeln uns gegenseitig mit Respekt. Pausen werden nur gemeinsam gemacht“, berichtet der Mettmanner Jugendgerichtshelfer Manfred Cserni. Zusammen mit Einar Sosna aus Haan und Birgit Richardt aus Erkrath betreut er die Gruppe der 16- bis 19-Jährigen. Deren Einsatz hat Cserni beeindruckt. Er stellt fest: „Die haben sofort losgelegt.“ Zwei große Müllsäcke voller Unrat standen als Ergebnis am Abend des ersten Tages am Wegesrand.

Und an Tag zwei sind alle wiedergekommen. „Die Arbeit hier ist anstrengend, aber sie macht mir Spaß“, sagt einer Teilnehmer. Keiner der jungen Leute macht den Eindruck, als dass er widerwillig über die Wege und durch die Beete des Stadtwalds streift. Auch wenn eine Verweigerung rasch in einer Beugehaft enden könnte.

Dirk Wermelskirchen gehörte im Jahr 2007 zu den Gründungsmitgliedern des Vereins „Neue Wege“ und arbeitet heute als zweiter Vorsitzender: „Wir machen ja keine Spaßaktionen, sondern begleiten Kinder und Jugendliche pädagogisch. Der Erfolg gibt uns an der Stelle Recht. Wir machen eben mehr, als den Jugendlichen nach einer Straftat zum Hausmeister des Altenheims zu schicken, damit er dort seine Stunden ableistet. Wir besprechen mit dem Jugendlichen seine Tat und deren Auswirkungen. Dadurch bewirken wir oft ein Umdenken.“ Harte Strafen oder Wegsperren seien demgegenüber keine Lösungen für Kinder und Jugendliche, die sich ja in einer Entwicklung befinden, sagt er.

Die Stadt Erkrath hat sich im vergangenen Jahr entschlossen, dem Verein „Neue Wege“ beizutreten. Jugendgerichtshelferin Birgit Richardt ist nicht länger Einzelkämpferin, sondern teilt das Hauptziel von „Neue Wege“: Die Jugendlichen sollen nicht erneut straffällig werden.