Konzert: Gänsehautgefühle im Gotteshaus

„Farfarello im Licht“ schafft ein völlig neues Musikerlebnis.

Haan. Warum hat es eigentlich 25Jahre gedauert, bis Teufelsgeiger Mani Neumann mit göttlichem Beistand in einer Kirche seine Geige aus dem Koffer geholt hat? Das mag wohl die einzige Frage sein, die nach "Farfarello im Licht" am Sonntagabend noch offen blieb. Mit ihrem neuen Projekt gastierten Mani Neumann, Uli Brand und Percussionist Nippy Noya in der evangelischen Kirche an der Kaiserstraße. Die drei hatten Lichtkünstler Jörg Rost engagiert, der nicht nur das Gotteshaus, sondern auch die Musiker in neues Licht rücken sollte.

Eine absolut gelungene Aktion - mehr bleibt dazu eigentlich nicht zu sagen. Ein einziges Konzert in Haan war ursprünglich geplant, bevor "Farfarello im Licht" auf Deutschland-Tour gehen wollte. Alle 400 Karten waren nach vier Tagen verkauft, so dass ein zweiter Konzerttermin eingeplant wurde. Auch dafür waren im Handumdrehen keine Tickets mehr zu haben. Offenbar trafen die Musiker mit ihrer Idee, an sakralen Orten zu spielen, genau ins Schwarze. Frühzeitiges Kommen war jedenfalls angesagt, die besten Plätze waren lange vor Konzertbeginn vergeben.

Bei Pfarrer Christian Dörr kamen nach eigenem Bekunden weihnachtliche Gefühle auf. So voll ist sein Gotteshaus ansonsten nur an den Weihnachtsfeiertagen. Mani Neumann hatte Gänsehautgefühle versprochen, die auch tatsächlich nicht allzu lange auf sich warten ließen. Schon bei den ersten Klängen seiner Geige lief den Konzertbesuchern ein angenehmer Schauer über den Rücken. Farfarello im Altarraum einer Kirche - das ist ein völlig anderes Erlebnis als die gleiche Musik in einer Kneipe oder auf der Freiluftbühne zu hören. In die Kirche gehört sie eigentlich hin, die atmosphärische Instrumentalmusik voller Poesie und Leidenschaft. Vor allem Gastmusiker Nippy Noya empfahl sich. Gut in Szene gesetzt durch das Spiel mit Licht und Schatten, drängte sich vor allem ein Eindruck auf: Der Mann sollte öfters vor dem Altarkreuz spielen.

Mit mehr als 80 Scheinwerfern hatte Lichtkünstler Jörg Rost die Kirche illuminiert. Der frühe Konzertbeginn stellte ihn vor besondere Herausforderungen. Sein Faible für Details war mit zunehmender Dunkelheit erst in der zweiten Konzerthälfte zu spüren. Von außen beleuchtete Altarfenster, deren Bilder sich an der gegenüberliegenden Wand spiegeln. Schattenspiele der Musiker und der Wechsel der Farben entlang der Säulen - Jörg Rost präsentierte die Kirche kurz vor ihrer Sanierung auf eine ganz unbekannte Weise. Man kommt nicht umhin, sich eine Wiederholung zu wünschen. Dann vielleicht in neuem Kirchengewand.