Justiz in Mettmann Betrüger wieder vor Gericht - diesmal als angebliches Opfer

Vor Jahren hatte sich Bernd U. als „Krankenhaus-Nomade“ ins EVK einliefern lassen und dort Patienten bestohlen. Der Richter schickte ihn 2020 für seine Betrügereien für vier Jahre in Haft. Nun hat der 59-Jährige einen Wachtmeister der JVA wegen Körperverletzung im Amt angezeigt

Das Berufungsverfahren beginnt nun in Wuppertal.

Foto: dpa/Soeren Stache

Körperverletzung im Amt: Das wirft Bernd U. einem Justizvollzugsbeamten der JVA vor, in der er bis vor kurzem noch inhaftiert war. Der mittlerweile 59-Jährige ist in Mettmann kein Unbekannter – zumindest nicht im Krankenhaus, in das der „Patient“ vor Jahren als Notfall eingeliefert worden war. Die Diagnose hatte er gleich selbst gestellt: irgendwas mit dem Herz. Noch bevor sich ein Kardiologe die Sache hatte genauer anschauen können, war Bernd U. schon wieder weg. Er logierte als Privatpatient, ließ sich vom Chefarzt behandeln und verschwand, bevor man ihm die Kosten in Rechnung stellen konnte.

Bernd U. beklaute damals bundesweit Patienten

Bevor er sich selbst entließ, hatte er noch zwei Mitpatienten um den Inhalt ihrer Geldbörsen gebracht. Einem weiteren Patienten hatte er die Telefonkarte gestohlen. Eine Masche, mit der Bernd U. damals bundesweit unterwegs war. Meist hatte er sich auf offener Straße auf den Boden fallen lassen und Notfälle simuliert, um sich vom Rettungsdienst in die Klinik bringen zu lassen. Dorthin hat er Klamotten bestellt auf Kosten der Mitpatienten, deren Ausweise er zuvor geklaut hatte. Einige bekamen später auch Rechnungen von Sex-Hotlines, die Telefonate hatte Bernd U. vom Krankenbett aus geführt.

Eine Überwachungskamera am EVK hatte den Betrüger gefilmt, als er sich das Guthaben einer gestohlenen Telefonkarte hatte auszahlen lassen. Später hatte ihn eine Krankenschwester im Helios Klinikum in Wuppertal auf frischer Tat ertappt. Als die Sache im September 2020 verhandelt und der Angeklagte zu vier Jahren Haft verurteilt wurde, war er auf Krücken in den Saal gehumpelt. Ein Oberschenkelhalsbruch – zugezogen auf der Quarantänestation der Justizvollzugsanstalt. Immerhin, den Bruch hatten Ärzte in der JVA-Klinik in Fröndenberg diagnostiziert. Aber ob Bernd U. von einem JVA-Beamten geschubst wurde und gestürzt ist, wie er es selbst behauptet? Oder ob die Fraktur von einem epileptischen Anfall stammt, den er nur Tage zuvor erlitten haben soll?

Darum geht es bei der nun angeklagten Körperverletzung im Amt, mit Bernd U. als „Opfer“. Dass er den Häftling von sich weggeschubst hat, bestreitet der JVA-Beamte nicht. Der sei ihm nach einem Streit zu nahe gekommen, er habe sich schützen wollen. Bernd U. sei ein paar Schritte nach hinten gegangen und habe sich dann auf den Boden gesetzt. Nur wenige Tage zuvor hatte der 59-Jährige einen Herzinfarkt simuliert. Bis er als „eingebildeter Kranker“ enttarnt wurde, hatten Justizbeamte die Nacht vor seinem Patientenzimmer verbracht. Es folgte der epileptische Anfall, von dem man auch nicht so recht weiß, ob es ihn tatsächlich gegeben hat. Zuvor hatte Bernd U. Methadon bekommen wegen seiner angeblichen Drogenabhängigkeit, die ebenfalls bezweifelt wird. Und nun also der Oberschenkelhalsbruch – der ausnahmsweise mal nicht zu leugnen ist. Am Morgen der Rangelei mit dem JVA-Beamten sollte Bernd U. ins Justizvollzugskrankenhaus nach Fröndenberg verlegt werden, um sich auf eigenen Wunsch „durchchecken“ zu lassen. Laut Krankenakte leidet er unter Krebs, Herzproblemen und allerlei weiteren Krankheiten. Was davon stimmt und was nicht?

Unklar. Das Amtsgericht war der Ansicht, dass der JVA-Beamte in Notwehr gehandelt hat. Den Freispruch wollte Bernd U. nicht hinnehmen, er ging in Berufung. Nun wird er wohl auch erklären müssen, warum ihm erst Wochen später einfiel, dass der Oberschenkelhalsbruch von einem Sturz herrührt. Einen Anspruch auf Schmerzensgeld hat der 59-Jährige bereits angemeldet.