Mettmann: Jihad O. vorerst auf freiem Fuß
Der selbst ernannte „König von Mettmann“ wurde gestern zur vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Die Strafkammer setzte den Haftbefehl bis zum Haftantritt aus.
Mettmann. Der selbst ernannte "König von Mettmann" (31) wurde gestern vom Wuppertaler Landgericht wegen schweren Menschenhandels zum Zweck sexueller Ausbeutung, versuchter räuberischer Erpressung, Nötigung sowie Besitzes und Dealen mit Kokain rechtskräftig zu vier Jahren Freiheitsstrafe verurteilt. Weil der Angeklagte schon neun Monate in Untersuchungshaft saß und ihn das laut eigener Aussage psychisch sehr stark belastet habe, setzte die Kammer den Haftbefehl aus.
Somit kam Jihad O. gestern unter begeistertem Beifall seiner im Publikum sitzenden Verwandten und Freunde - bis zur Zustellung des Haftbefehls - auf freien Fuß. Das Gericht hat an seine Entscheidung aber bestimmt Auflagen erfüllt: Jihad O. muss sich zweimal in der Woche Woche bei der Mettmanner Polizei melden, er darf keinen Kontakt zu den Prozesszeugen suchen, er muss alle Pässe abgeben, darf keine Fluchtvorbereitungen treffen und muss natürlich straffrei leben.
Hätte der Angeklagte nicht durch seinen Verteidiger ein Geständnis vortragen lassen, hätte der Prozess mit einer Reihe von Zeugen - unter anderem einer unter Polizeischutz stehende Prostituierten - noch einige Verhandlungstage in Anspruch genommen. Das hätte sich auf die Psyche des Angeklagten negativ ausgewirkt, was auch ein Sachverständiger attestiert habe, so das Gericht gestern.
Dem Geständnis des Angeklagten zufolge hat er über mehrere Monate zwei Prostituierte aus Ostdeutschland - "Doro" war zum Tatzeitpunkt erst 17 Jahre alt - gezwungen, für ihn in Sauna-Clubs zu arbeiten. Den Lohn für ihre Tätigkeit habe er selbst kassiert, um seinen Lebensunterhalt aufzubessern, hieß es im Urteil. Als den beiden Frauen die Flucht gelungen war, so das Gericht, sei Jihad O. wütend geworden, dass seine Geldquelle versiegt war. Mit ein paar kräftigen Männern habe er den Saunabesitzer, der die Frauen hatte laufen lassen, aufgesucht und 50 000 Euro "Ablöse" verlangt. Der Saunabesitzer hat laut Urteil um Aufschub gebeten und sich später an die Polizei gewendet.
So wurde der "König von Mettmann" bei einer spektakulären Aktion Ende März vergangenen Jahres festgenommen - Bis gestern saß er in Untersuchungshaft.
Jihad O. strahlte, als er erfuhr, dass er vorübergehend von der Haft verschont werden würde. Dem Gericht schilderte er bereitwillig seinen Lebensweg.
1975 wurde er im Libanon geboren, als Elfjähriger kam er 1986 mit seinen Eltern und acht Geschwistern aus dem Kriegsgebiet nach Mettmann. Trotz Sprachschwierigkeiten schaffte er die 9. Klasse der Sonderschule, brach eine Schlosserlehre ab, jobbte als Lagerarbeiter, machte sich in Mettmann mit einem Bistro selbstständig und arbeitete als Türsteher. "Ich habe immer gearbeitet und war nie Sozialhilfeempfänger, Herr Richter," sagte er gestern. Seit seiner neun monatigen Haft sei er von Drogen frei und freue sich auf seine Familie, seine Freundin und seinen kleinen Sohn. Aber vom Heiraten halte er noch nichts, sagte er auf Nachfrage dem Gericht. ck