Historischer Vortrag in Mettmann Wie Frauen in der NS-Zeit lebten

Mettmann · Rainer Köster hat in einem Vortrag weibliche Lebensläufe der NS-Zeit aufgearbeitet.

Sophie Scholl ist eine der bekanntesten Widerstandskämpferinnen gegen den Nationalsozialismus.

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Rainer Köster ist auf der Suche nach Wahrheit und Authentizität. Seit Jahrzehnten befasst sich der pensionierte Lehrer mit der Geschichte des sogenannten Dritten Reichs, sucht und forscht in Unterlagen, Gerichtsakten und Bibliotheken. Bereits in den 1980er-Jahren hat er ein Buch verfasst, in dem er die Rolle seiner Heimatstadt in dieser unseligen Zeit beschrieb: Mettmann unterm Hakenkreuz.

Rainer Köster ist es dabei wichtig, zu dokumentieren, dass es auch Widerstand gab. Nicht nur große Namen wie Graf Stauffenberg oder Sophie Scholl sollen im Gedächtnis bleiben, auch die Menschen aus der eigenen Heimatstadt und deren Umgebung, die mit großem Mut gewagt hatten, sich dem barbarischen System entgegenzustellen.

In seinem Vortrag im evangelischen Gemeindehaus hatte sich Rainer Köster auf Frauen konzentriert, die zum einen als die größten Unterstützerinnen des Regimes gelten, wie Magda Goebbels oder aus dem lokalen Bereich die Ehefrau des Ortsgruppenleiters Wiel in Wülfrath. Auch wenn sie an der Erschießung eines polnischen Zwangsarbeiters nicht beteiligt gewesen sein sollte – in einem Gerichtsverfahren wurde sie nur aus Mangel an Beweisen freigesprochen – so war die Tat doch auf ihrem Hof geschehen.

Groß, kräftig, walkürenhaft entsprach Frau Wiel dem NS-Idealbild, ebenso wie die Witwe des 1932 erschossenen SS-Mannes Hilmer aus Erkrath. Aber es gab doch auch das „andere Deutschland“ und zum Beispiel die Widerstandsgruppe „Rote Kapelle“. Zu ihr gehörte Libertas Schulze-Boysen, die als Mitarbeiterin des Propagandaministeriums Unterlagen besorgen konnte, die über die NS-Verbrechen an der Ostfront berichteten. Libertas wurde 1942 hingerichtet und ihre letzten Worte waren: „Erzähl allen von mir“.

Ebenso Mildred Fish-Harnack aus Milwaukee, die ihren Mann Arvid Harnack in den USA kennenlernte und 1929 mit ihm nach Berlin zog. Das Ehepaar schloss sich schon 1933 einem Diskussionszirkel an, der auf den Sturz Hitlers hinarbeitete. Ein abgehörter Funkspruch führte zur Verhaftung von über 150 Personen der „Roten Kapelle“ und Mildred Fish-Harnack wurde nach sechs Jahren Zuchthaus 1942 in Plötzensee zum Tode verurteilt. Ihre letzten Worte sollen gewesen sein: „Und ich habe Deutschland so geliebt“.

Auch Hilde Coppi gehörte mit ihrem Mann Hans der Widerstandsgruppe an. Sie organisierten Papier für den Druck von Flugblättern, hörten Radio Moskau. Mithilfe abgehörter Funksprüche waren sie informiert über den geplanten Angriff auf die UdSSR. Sie vermittelten Unterkünfte für verfolgte Juden und politische Gegner des Regimes, besorgten Lebensmittelkarten und gefälschte Papiere. Am 12. September 1942 wurde das Ehepaar verhaftet und Hans Coppi am 27. November hingerichtet. Hilde Coppi war schwanger und gebar ihren Sohn Hans in der Haft. Sie wurde erst am 5. August 1943 enthauptet, da sie ihren Sohn noch stillte und man wartete, bis sie abgestillt hatte – perfider geht es nicht.

Auch im heimischen Raum gab es mutige Frauen wie Emilie Dietl aus Velbert, Charlotte Müller aus Neviges, Anna Klingendahl und Hilde Steinbrink, deren Enkel anwesend war. Rainer Köster erinnerte auch an Frauen im Widerstand aus den Reihen der Zeugen Jehovas. Im Velberter Gewerkschaftsprozess 1935 und in den Wuppertaler Prozessen wurden Hunderte von Menschen aus dem Niederbergischen Raum verhaftet und verurteilt.