Stadtarchiv: Liste mit Erkraths Säufern

5000 Akten verwaltet Archivarin Erika Stubenhöfer. Viele erzählen spannende Geschichten.

Erkrath. In welcher Kneipe er auch sein Glück versuchte: Für Hilfswagenmeister Robert H. gab es keinen Schnaps mehr. Der Erkrather war auf der "Säuferliste" gelandet, nachdem er sich häufig mehr als nur ein Gläschen zuviel genehmigt hatte.

Sorgen muss man sich darum heute nicht mehr machen, die ganze Geschichte ist 100 Jahre her und längst in den Annalen des Stadtarchivs gelandet. "Damals wurde ja noch alles kontrolliert", kommentiert Stadtarchivarin Erika Stubenhöfer das Geschehen rings um Trunksucht und Völlerei.

Die Polizei gehörte der Gemeindeverwaltung an und den Überlieferungen zufolge müssen die Gesetzeshüter nahezu überall gewesen sein. Nicht nur die "Liste der Trunkenbolde" wurde mehr als 20 Jahre lang penibel geführt und neben den Wirten auch noch dem Bürgermeister zur Unterschrift vorgelegt. Auch die "Maßregeln gegen Prostitution und Konkubinate" sollten dafür sorgen, dass das Lotterleben im Städtchen nicht ausufert.

Denn eine Frau, die unverheiratet mit einem Mann zusammenlebte, stand damals quasi mit einem Bein mitten in der Prostitution. Und das sahen die uniformierten Gesetzeshüter gar nicht gern. Deshalb gab es Listen, Schreiben an den Landrat, Schriftverkehr mit dem Bürgermeister: Die ganze Stadt las also mit, wenn jemand nach damaligem Moralverständnis auf dem Pfad der Tugend strauchelte.

Wer heutzutage die frühen Quellen für die Klatschpresse lesen und dafür in alten Akten stöbern möchte, muss der altdeutschen Kurrentschrift kundig sein. Kein Problem für Erika Stubenhöfer: "Als Archivarin muss man das können", sagt sie und blättert in einer der über 5000 archivierten Akten.

Dazu kommt noch die so genannte Sammlung, in der über Jahrzehnte und Jahrhunderte hinweg so allerlei zusammengetragen wurde. Die älteste Akte trägt die Nummer 1036 und wurde bereits restauriert. Sie stammt aus dem Jahre 1825 und dokumentiert den Schriftverkehr rings um den Alt-Erkrather Friedhof.

Hier ein altes Bild, dort ein spannendes Buch: Das Erkrather Stadtarchiv ist eine wahre Fundgrube für Liebhaber verstaubter Stadtgeschichte. Nach dem Umzug in den Keller des Kaiserhofs vor einem Jahr hat sich Erika Stubenhöfer dort gut eingerichtet. Alles sortieren und ordnen konnte sie aber noch nicht. "Ein Stadtarchiv wird man wohl nie von A bis Z beackern können", glaubt sie.

Seit acht Jahren schreibt die Archivarin an einer Stadtchronik, in der sie irgendwann mal alles Wissenswerte auflisten möchte. Noch gibt es darin allerdings viele Lücken, was nicht verwunderlich ist: Schließlich wollen mehrere Jahrhunderte aufgearbeitet werden.

Die erste urkundliche Erwähnung liegt mehr als 800 Jahre zurück und stammt aus dem Jahre 1148. Und manchmal wird eben auch eine Stadtarchivarin von den Geschichten von Konkubinen und Trunkenbolden aufgehalten.