Steinzeitmädchen Kina nimmt Platz
Im Neanderthal Museum ist jetzt die Nachbildung eines siebenjähriges Mädchens eingezogen. Der Kopf wurde nach einem in Frankreich gefundenen Schädel modelliert.
Es ist schon etwas merkwürdig. Wenn man die Neue im Neanderthal Museum etwas zu lange ansieht, denkt man sofort: „Eigentlich müsste sie jetzt aufstehen und etwas sagen“, sagt Dr. Bärbel Auffermann, stellvertretende Direktorin. Doch das Reden muss die Neue erstmal der Frau Doktor überlassen.
Die weiß aber alles über die Neue, die auch gar nicht die Neue heißt, sondern „Kina“. Schreibt sich wie Kino, nur mit „a“ am Ende, also ganz einfach zu merken. Ist aber nicht wirklich zufällig gewählt der Name. Denn Kina wurde in La Quina in Frankreich gefunden. Genauer gesagt: Forscher fanden Teile ihres Schädelknochens. Unter einem Felsvorsprung bei La Quina wurde die Leiche des Mädchens vor ungefähr 65 000 Jahren abgelegt, möglicherweise beerdigt.
Dr. Bärbel Auffermann, stellvertretende Direktorin
Von den erhaltenen Schädelknochen haben die beiden niederländischen Bildhauer Alfons und Adrie Kennis einen Abdruck erhalten. Darauf haben sie künstliche Muskeln, Sehnen und Haut aufgetragen.
„Das Verfahren kommt dem Original sehr nahe, genau so könnte das damals etwa sieben Jahre alte Mädchen ausgesehen haben“, sagt Bärbel Auffermann. Mehr als drei Monate haben die Künstler an dem 1,20 Meter Modell gearbeitet. Die Form der Haare — ein wenig wirr, dunkelbraun und zu zwei Zöpfen gebunden — haben sich die Niederländer allerdings ausgedacht.
Nicht ausgedacht, sondern nachgedacht über die Kleidung hat Museums-Mitarbeiter Till Knechtges. Kina trägt leichte Sommerkleidung aus Leggins und Tunika, die aus Kochenpfriem und Tiersehne genäht wurde. Die Tunika ist aus echten Hirschleder — noch kurz vor der Präsentation gestern hat Knechtges letzte Hand angelegt. Denn so eine Kleidung könnten auch die Neandertaler getragen haben. Von den frühen Völkern Eurasiens und Nordamerika ist jedenfalls bekannt, dass sie sich so gekleidet haben.
Die lebensechten Figuren haben im Neandertal Museum schon eine lange Tradition. Weltbekannt ist „Mister N“, der das Bild vom keulenschwingenden recht tumben Vorzeitmenschen in den vergangenen Jahren revolutioniert hat. Wirklich gut gelungen ist auch der Anzug tragende „Mister 4%“, der anschaulich beweist, dass Neandertaler in der heutigen Gesellschaft gar nicht mal auffallen würden. Nur sprechen kann Kina immer noch nicht. Aber richtig nett lächeln.