Neue Angaben Helfer in Ratingen mit brennbarer Flüssigkeit attackiert – das sind die Erkenntnisse der Polizei
Ratingen · Die Ermittler gehen von einer gezielten Attacke auf Einsatzkräfte in Ratingen aus. Mehrere Einsatzkräfte befanden sich nach dem Vorfall im künstlichen Koma. Zudem wurde eine weitere tote Person im Hochhaus entdeckt.
Bei der Explosion in einem Hochhaus in Ratingen soll es sich um eine gezielte Attacke auf die Einsatzkräfte gehandelt haben. Der Bewohner soll am Dienstag die Wohnungstür geöffnet und gezielt eine brennende Flüssigkeit auf die Kräfte von Polizei, Feuerwehr und Rettungsdienst geschleudert haben, sagte Dietmar Henning von der Polizei Düsseldorf am Freitag. „Die Einsatzkräfte haben dann, selber brennend, den Ort verlassen.“
Gegen den Verdächtigen wurde Haftbefehl wegen versuchten Mordes in neun Fällen beantragt worden. Der Mann werde am Nachmittag einem Haftrichter vorgeführt.
Der mutmaßliche Täter bei der Explosion in einem Ratinger Hochhaus ist nach Angaben der Polizei-Einsatzleiterin Heike Schultz „gut durchdacht“ vorgegangen. „Die Situation in der Wohnung, die Verwendung von dieser brennbaren Flüssigkeit und die Art und Weise, wie diese Flüssigkeit dann gegen die eingesetzten Kräfte verwendet wurde, lassen darauf schließen, dass das durchaus gut durchdacht ist“, sagte Schultz am Freitag. „Die Tür war verbarrikadiert, das macht man auch nicht mal so eben.“
Sie gehe daher nicht nur von einem gezielten Angriff aus, sondern dass die Tat seit „mindestens mehreren Tagen so durchdacht“ gewesen sei. „Das macht man nicht mal eben so spontan.“ Bei der Explosion am Donnerstag waren zahlreiche Einsatzkräfte verletzt worden, einige von ihnen lebensgefährlich.
Der 57-Jährige soll nach Angaben der Ermittler der sogenannten Prepper-Szene angehören. Die Wohnung habe den Eindruck gemacht, dass viele Vorräte angelegt worden seien. Zudem ließen Ermittlungen den Eindruck zu, dass der Mann zurückgezogen gelebt habe.
In einer Befragung habe er sich noch nicht zu den Tatvorwürfen geäußert, sagte Heike Schultz von der Polizei Düsseldorf am Freitag. Ebenso habe der Mann auf anwaltlichen Beistand verzichtet. Ihm sei ein Pflichtverteidiger an die Seite gestellt worden.
Als Prepper, abgeleitet vom englischen „prepare“ (vorbereiten), werden Menschen bezeichnet, die sich individuell auf das Überleben im Katastrophenfall vorbereiten. Dazu gehört zum Beispiel das Anlegen von Vorräten und Schutzräumen.
Explosion in Ratingen: Bewohner im Hochhaus tot gefunden
Im Zusammenhang mit dem Einsatz wegen der Explosion in einem Ratinger Hochhaus hat es ein Todesopfer gegeben. Ein älterer Mann, der in dem Haus gelebt habe, sei gestorben, sagte am Freitag Silke Wehmhörner von der Polizei Düsseldorf. Nach Informationen des „Spiegel“ hatte der Mann durch den mehrstündigen Einsatz nicht mehr versorgt werden können.
Ratingen: Schwerverletzte Einsatzkräfte im Koma
Einen Tag nach der Explosion in einem Ratinger Hochhaus haben sich am Freitag fünf schwer verletzte Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst im künstlichen Koma befunden. Sie seien in Spezialkliniken für Brandverletzte nach Köln, Duisburg, Dortmund, Düsseldorf und Bochum gebracht worden. „Die Kollegen erlitten Verbrennungen von bis zu 40 Prozent der Körperoberfläche“, teilte die Feuerwehr in Ratingen mit.
Die Feuerwehr Ratingen sei am Donnerstag um 10.37 Uhr zu einem Routineeinsatz gerufen worden: Sie sollte eine Wohnungstür öffnen. Gegen 11.15 Uhr sei es dann zu der Explosion gekommen, bei der insgesamt sieben Einsatzkräfte von Feuerwehr und Rettungsdienst sowie zwei Polizisten schwerer verletzt wurden. Daneben habe es noch leichtere Verletzte gegeben, darunter ein Mitarbeiter einer Wohnungsbaugesellschaft. Bei den Löscharbeiten sei in der Wohnung dann eine Leiche gefunden worden.
Unter dem Eindruck der Explosion forderte ein Verbandssprecher der Feuerwehren ein konsequenteres Vorgehen der Justiz gegen Gewalttäter. „Unsere Einsatzkräfte sind immer dann irritiert, wenn Ermittlungsverfahren gegen Gewalttäter sehr früh und lapidar einfach eingestellt werden. Sie wünschen sich ein starkes Ausnutzen der vorhandenen strafrechtlichen Möglichkeiten“, sagte Christoph Schöneborn, Geschäftsführer des Verbandes der Feuerwehren in NRW, der Westdeutschen Allgemeinen Zeitung (WAZ, Samstagsausgabe).
Die Zahl der Angriffe auf Feuerwehrleute sei zwar in NRW relativ gering, so Schöneborn und verwies auf die Kriminalitätsstatistik für 2022. Demnach seien 19 Fälle von Gewaltkriminalität mit einem Bezug zu den Feuerwehren gezählt worden. „Der Fall in Ratingen zeigt aber, dass es jede und jeden von uns treffen kann“, sagte Schöneborn.