Prestigeprojekt Stadthalle Diskussion um Stadthalle dauert an
Ratingen · Olaf Tünkers, der Vorsitzende des Unternehmensverbandes Ratingen (UVR), ließ aufhorchen. Eine Stadt müsse sich ein paar Leuchtturm-Projekte leisten können, eine „tolle Stadthalle und ein Konferenzzentrum“. Doch es gibt Gegenwind.
Wenn Olaf Tünkers spricht, dann sind immer kernige Aussagen dabei. Beim virtuellen Jahresauftakt des Unternehmensverbandes Ratingen (UVR), dem 140 Mitglieder angehören, ließ er Sätze fallen, die starke Bewegung in die politische Diskussion bringen könnten. Ratingen könne sich durchaus ein paar Leuchtturm-Projekte leisten, betonte er, etwa eine „tolle Stadthalle und ein Konferenzzentrum“. Insgesamt müsse man mehr „Glanz in die Bude bringen“, befand der UVR-Vorsitzende mit Blick auf die Gesamtstadt. Seine Position ist klar: Eine Stadthalle als gesellschaftlicher Treffpunkt und ein Tagungsort müssen eine markante Visitenkarte sein. Ob es auf dem Weg zu diesem Plan einen politischen Durchbruch geben wird, ist zurzeit aber völlig offen.
Fest steht: Die Debatte um die Zukunft der Stadthalle hat längst eine eigene Dynamik entwickelt. Die CDU-Fraktion hat sich bereits positioniert – wie andere Parteien auch. „Wir wollen ganz ohne Zeitdruck eine neue, multifunktionale Veranstaltungs- und Stadthalle mittelfristig planen. Sinnvoll ist das im Anschluss an den Doppelhaushalt 2022/2023“, erklärte CDU-Fraktionschef Stefan Heins. Das Risiko, dass Ratingen über mehrere Jahre ohne Stadthalle dastehen könnte, sei einfach zu groß. Das betonte die CDU-Fraktion unlängst in einem ausführlichen Antrag.
„Natürlich braucht Ratingen nicht sofort eine neue Stadthalle“, betonte auch CDU-Fraktionsvize Gerold Fahr. Die Bewirtschaftung der Halle könnte zunächst durch einen Caterer sichergestellt werden, für Umfeldverbesserungen hat der Rat vom Land NRW mitgetragene Maßnahmen beschlossen. Der Betrieb und die Nutzung der „guten Ratinger Stube“ könnten derzeit gewährleistet werden.
Die Bausubstanz, insbesondere die Spannbetondecke aus den 70er-Jahren, weise im fünften Bestandsjahrzehnt eine beachtliche Langlebigkeit auf, habe aber keine Ewigkeitsgarantie. Auch wenn die Decke in Ratingen regelmäßig auf Schäden untersucht wird und noch keine Hinweise auf gefährdende Mängel aufweist: Viele Hallen aus dieser Zeit sind bereits verschwunden.
Klar ist, dass die Stadt eine attraktive Veranstaltungshalle brauche: Für Vereine, Brauchtum, private Jubiläen und Ratinger Firmen seien die starren räumlichen Gegebenheiten sowie fehlende Nebenräume unbefriedigend. Professionelle Eventveranstalter, aber auch Ratinger Nutzer weichen teilweise deswegen und wegen Fehlens aktueller Veranstaltungs- und Bühnentechnik sowie adäquater Künstler- und Nebenräume auf andere Hallen aus.
Die Marktgängigkeit und Wirtschaftlichkeit der Stadthalle wurde dadurch im Laufe der Zeit schwieriger und belastet den Steuerzahler zusehends durch höhere Unterdeckungen. 2022 werden die Verluste der Stadthalle auf knapp eine Million Euro steigen, sie lagen in den vergangenen Jahren bei 900.000 Euro. Auch das separate Restaurant ist absehbar nicht mehr wirtschaftlich zu betreiben und liegt zurzeit brach.
Im schlimmsten Fall steht die Stadt jahrelang hallenlos da
All das spreche für eine neue Stadthalle, doch sie sollte mit Bedacht geplant werden, so die CDU-Fraktion. Bei einer Sperrung stünde Ratingen im schlechtesten Fall jahrelang ohne Stadthalle da und müsste erst dann die notwendigen Verfahrensschritte für einen Neubau wie Bedarfs- und Wettbewerbsanalyse, Konzept- und Architekturwettbewerb, breite Bürger- und Nutzerbeteiligung einleiten. Dies dürfte nach Einschätzung der CDU-Fraktion einen Zeitraum von mindestens drei Jahren in Anspruch nehmen.
„Wir möchten uns die Option offenhalten, einen Neubau so zu platzieren, dass der Betrieb der bestehenden Stadthalle nicht für mehrere Jahre unterbrochen wird. Dazu muss das heute unbebaute Gelände nordöstlich der Stadthalle am Parkplatz bis zu einer Entscheidung frei von einer Neubebauung gehalten werden“, erläuterte Heins.
In der mittelfristigen Investitionsplanung sollen deshalb, so die CDU-Fraktion, die veranschlagten Mittel „Planungskosten Sanierungskonzept“ und „Erneuerung Beleuchtungsanlage“ zum neuen Titel „Planung neue multifunktionale Ratinger Stadthalle“ zusammengefasst und ab dem Jahr 2024 – beginnend mit einer Markt- und Bedarfsanalyse – in Angriff genommen werden.
Die CDU-Fraktion hat außerdem beantragt, dass die vereinbarten Umfeldverbesserungen an der Stadthalle (mit Fördermitteln des Landes NRW) umgesetzt werden. Dazu gehören auch die vom Rat beschlossenen Maßnahmen zur Beseitigung der Angsträume in der Tiefgarage und die Kameraüberwachung am Treppenaufgang.
Gegenwind kommt von SPD-Fraktionschef Christian Wiglow: Es gebe viel in Ratingen zu tun und zu finanzieren, sodass Prioritäten gesetzt werden müssen. Selbst wenn die finanziellen Mittel keine Rolle spielten, so tun es Personalressourcen schon, die auch nicht beliebig vermehrbar oder gar belastbar wären.
So lange wie in Ratingen Bebauungspläne mit bezahlbarem Wohnraum aus Personalressourcen nach hinten gestellt werden, so lange wie dringend erforderliche Verkehrsvorhaben nicht zügig umgesetzt werden, so lange möchte die SPD auch keine Personalressourcen oder Mittel in Zukunftspläne für die Stadthalle investieren, meinte der Fraktionschef.
Die Stadthalle sei nicht so marode, dass „wir jetzt über einen Ersatzbau nachdenken müssen“. Erst die Pflicht, dann die Kür – so die Botschaft der SPD-Fraktion.
Dr. Markus Sondermann, Fraktionsvorsitzender der FDP, hatte erneut seinen Vorstoß ins Spiel gebracht, mit dem er bereits als Bürgermeisterkandidat der Liberalen im Kommunalwahlkampf für Schlagzeilen gesorgt hat. „Wir wissen, wie lange Planungsprozesse in Ratingen dauern. Darum müssen wir jetzt mit den Überlegungen und Planungen für eine neue Stadthalle beginnen. Sonst wird wieder eine große Chance verschlafen, unsere Stadt zukunftsfest zu machen“, betonte er.
Im aktuellen Zustand ist die Stadthalle jedenfalls von einem Leuchtturm-Projekt weit entfernt.