Notfallseelsorger suchen Mitstreiter
Die rund 60 Mitarbeiter des Kirchenkreises werden jährlich in rund 150 Fällen im Kreis Mettmann aktiv.
Ratingen. Wir alle kennen die Nachsätze, die nach der Schilderung von Katastrophen mitteilen: „Die Beteiligten werden psychologisch betreut.“ Wer betreut da und wie tut er das? Stehen da ein Psychotherapeut, ein Psychologe, ein Priester parat? Wird mir von Letzterem gleich die Geschichte Jesu erzählt — auch, wenn ich sie gar nicht hören will, wenn ich sowieso nicht gläubig bin? Die Betroffenen, die in rund 150 Fällen pro Jahr im Kreis Mettmann seelischen Beistand erfahren — die wissen, wie es war. Und die Meisten sind sehr dankbar.
Während in der Nachbarschaft Düsseldorf unter anderem eine Notfallpsychologin bereit steht, sind es im Kirchenkreis Düsseldorf-Mettmann, in Niederberg und Monheim gut 60 haupt- und ehrenamtliche Männer und Frauen. Sie alle sind geschult und werden von Pfarrer Jürgen Draht koordiniert. Drei mobile Telefone sind Tag und Nacht im oben beschriebenen Bereich eingeschaltet, damit kein Hilferuf ins Leere geht.
Nun dreht es sich nicht nur um Unfälle oder große Krisensituationen, bei denen die Notfallseelsorge gefragt ist, sondern auch um dringende Hilfe für die Betroffenen bei vergeblichen Wiederbelebungsversuchen im häuslichen Bereich, bei Selbstmorden oder Selbstmord-Versuchen, der Überbringung von Todesnachrichten mit der Polizei, beim plötzlichen Kindstod, im Fall von Bränden und Evakuierungen.
Jürgen Draht, Pfarrer
Natürlich stecken der eine oder die andere ein persönliches Drama auf den ersten Blick oft ziemlich cool weg. Doch die sensiblen Betrachter wissen schon, was es bedeutet, wenn da Hände oder Knie zittern, jemand blass wird oder verstummt. Und da greifen sie ein.
Pfarrer Draht, der keine Gemeinde hat, ist „Funktionspfarrer“, wie die evangelische Kirche seine Stelle beschreibt. Er hat seine Fähigkeit, in Katastrophen Hilfe zu leisten, damals erkannt und gespürt, als er in Ratingen Pfarrer zur Anstellung war und einem alten Herrn beistand, der an einem Morgen neben seiner verstorbenen Ehefrau wach wurde, ohne deren Tod mitbekommen zu haben.
„Wir suchen immer wieder freie Mitarbeiter, die wir nach einer Fortbildung einsetzen können. Dabei hat es sich herausgestellt, dass häufig diejenigen am sinnvollsten helfen, die selbst einmal ein entsprechendes Erlebnis haben bewältigen müssen“, erklärt Pfarrer Draht.
Der Ratinger Feuerwehrchef René Schubert schätzt die Notfallseelsorger sehr — können sie doch mit ihrem Einsatz seine Wehrleute, die technischen Hilfskräfte, ihren Rettungsjob machen lassen, während ringsum Trost gespendet wird. Draht ist auch Mitglied einer Hilfstruppe, die nach dem Einsatz strukturierte psychosoziale Unterstützung für die Feuerwehr leistet — Helfer, die eine Nachsorge in Form von Gruppen- oder Einzelgesprächen anbieten und dazu dienen, über den Verlauf psychischer Belastungen zu informieren, ihre Phänomene und Symptome zu erkennen und helfen, die Belastungen zu verarbeiten. Trost ist in den meisten Fällen auf jeden Fall aktives Zuhören. Hilfe besteht darin, dass die eigentlich Untröstlichen nicht allein sein müssen.