Sie ist eine Vorlesepatin der ersten Stunde
Wenn Gerda Maraun vorliest, spüren die Zuhörer die Leidenschaft der Ehrenamtlichen.
Ratingen. „Fußball, Olchis oder James Krüss, ihre Vorlesethemen sind breit gefächert“, lobt Sabine Köchling aus der Kinder- und Jugendbuchabteilung Gerda Maraun, Vorlesepatin der ersten Stunde. „Egal, was sie aussucht: Sie bringt es einfach rüber und man spürt bei ihr die Leidenschaft.“ Offensichtlich hat die beliebte Vorleserin „großen Spaß am Vortragen“, denn sie spricht Kinder wie Erwachsene an „und ist einfach sehr engagiert“. Mit der Einschätzung ist Sabine Köchling nicht allein. „Vielen Dank für die schönen Stunden“, kritzelte der kleine Nils auf eine Karte, und auch Vorschulkind Ben bastelte und textete einen ähnlichen Gruß.
„Wäre es nach mir gegangen, wäre ich Lehrerin geworden oder hätte einen Beruf gewählt, der sich um Bücher dreht“, erinnert sich Gerda Maraun. Als Kriegskind, 1941 geboren, hatte sie aber dem Papa zu gehorchen, der bestimmte eine kaufmännische Ausbildung für seine Tochter: „Lesen aber war mir immer wichtig.“ Als Jugendliche verschlang sie Literatur und blieb dem Genre immer treu. Als sie 2009 eine Notiz in der Zeitung sah, das Medienzentrum suche Vorlesepaten, bewarb sie sich für dieses Ehrenamt. Nach einer entsprechenden Ausbildung gehört sie zum Kreis der Vorlesenden. „Es macht großen Spaß zu sehen, was für eine Freude die Kinder an Textvorträgen haben.“ Nach Auftaktschwierigkeiten 2010 sind diese Termine längst ein Renner, ganze Familien, Tanten mit den Neffen oder Omis mit den Enkeln rücken im Untergeschoss der Bibliothek am Peter-Brüning-Platz an. In Absprache mit den anderen Lesepaten wählt die Ratingerin ihre Themen: „Ich bin viel im Norden und liebe die See.“ Nordlicht James Krüss ist einer ihrer favorisierten Autoren, vielleicht liebt sie auch deshalb Helgoland, wo er 1926 geboren wurde, so sehr.
Und auf die Neuverfilmung eines seiner Klassiker namens „Timm Thaler oder das verkaufte Lachen“ freut sie sich: „Den sehe ich mir im Kino an.“ Aber Gerda Maraun, Mutter eines erwachsenen Sohnes und zweifache Großmutter, hat neben der Kultur vielfältige Interessen. Gymnastik und Yoga gehören dazu — und auch Fußball. „Wenn ich eine Fußball-Vorlesung mache, gibt es dazu Torwandschießen, und ein halbes Dutzend WM-Trikots ziert die Wände.“ Als die „Olchis“ 25. Geburtstag hatten, gab es eine entsprechende Aktion, Muffins in Schockfarben (aus unbedenklicher Lebensmittelfarbe) inklusive. „Daran haben auch noch andere Vorlesepaten teilgenommen und es war ein großer Spaß für alle Beteiligten“, erinnert sich Sabine Köchling.
Zur Osterlesung gehört die Eiersuche, Bilderbuchkino wird mit allen Utensilien gefeiert und auch ernste Themen wie die Flüchtlingsgeschichte „Elefanten im Haus“ weiß sie kindgerecht in Szene zu setzen. Manchmal, freut sie sich, nehmen sich die jungen Zuhörer aus der entsprechenden Vorlesekiste Papier und Malstifte. „Dann liegen sie bequem auf dem Fußboden und man glaubt, die hören vielleicht gar nicht mehr zu. Dabei sind sie voll bei der Sache.“
Weil Kinder und deren Wohlergehen ihr so am Herzen liegen, ist sie außerdem bei der Hausaufgabenhilfe des Kinderschutzbundes aktiv. Bereits seit 2005 ist sie dabei: „Das war lange mein Plan.“ Und als nach 45 Berufsjahren, die es „mitunter durchaus in sich hatten“, das private Zeitfenster sich wieder weiter öffnete, wurde sie vor zwölf Jahren an der Erich-Kästner-Schule aktiv. Neben Schreiben und Rechnen versucht sie Reklame fürs Lesen und für Literatur zu machen. „Ohne Ehrenamt und Ehrenamtler ging vieles in unserer Gesellschaft nicht. Ich versuche zu helfen und bleibe immer am Ball.“