Atelier in Nussbaum wird zum Treffpunkt

Künstler Yildirim Denizli bekam Besuch vom jüdischen Kulturverein „Schalom“.

Foto: Blazy

Ratingen. Streng genommen ist er Maler und Bildhauer. Mit Materialien wie Holz und Glas kann er ebenso kreativ umgehen. Und musikalisch ist er auch: Yildirim Denizli ist tatsächlich, was so inflationär „Multitalent“ genannt wird. Vor allem aber ist der Künstler mit den türkischen Wurzeln Brückenbauer. „Austausch ist wichtig. Immer und überall“, fasst er kurz zusammen, warum er „versucht, Neues zu entdecken und an Neuem teilzunehmen“. Dabei ist er nicht nur interessiert an anderen und anderem, bevorzugt öffnet er sein Atelier. Zuletzt bat er Flüchtlinge zu sich an die ehemalige Schule Nussbaum, jetzt bekam er Besuch von Mitgliedern des jüdischen Vereins „Schalom“. „Wir kennen uns seit Jahren“, bestätigt Vadym Fridman, zusammen mit Gregori Lisnowski Begründer des jüdischen Kulturvereins, der 2002 aus der Taufe gehoben wurde und jetzt sein 15-jähriges Bestehen feiert.

Lange ist man bereits lose miteinander befreundet, jetzt kam der erste Atelierbesuch zustande. Im Gepäck hatten die Gäste, darunter weitere Kulturfreunde wie Franz Naber vom Bienenzuchtverein sowie die Lintorfer Heimatfreunde Manfred Buer und seine Frau Monika , einen jüdischen Kerzenleuchter, Wein, und eine Ehrenpräsidentschaftsnadel, die sich als Vereinsnadel entpuppte und dem 1946 in der ostanatolischen Stadt Erzurm geborenen Denizli an den Strickpulli geheftet wurde. Wichtiger aber als alle offiziellen Höflichkeitsbekundungen bei Tee und Gebäck waren die Gespräche. „Er macht aus allem Kunst“, schwärmte Monika Buer über Yildirim Denizli. „Durch ihn habe ich viel dazu gelernt und sehe mit anderen Augen die Dinge an“, erklärte sie angesichts von ausrangierten und bereits entsorgten Holzrahmen aller Größe und Stärke eine ansehnliche Collage, die exemplarisch für Denizlis unerschöpfliche Fantasie ist. „Er macht aus allem etwas“, sagte Franz Naber. „Und seine Arbeiten sind grundsätzlich voller humorvoller Anspielungen.“ Interessiert ließen sich die Gäste beim Gang durch die Atelierräume lebensgroße Figuren erklären, erkundeten Motive, für die Familienmitglieder wie der Bruder oder Sohn Modell standen und erfuhren nebenbei etwas über die sekundäre Rohstoffgewinnung. Unzählige Gefäße, Gläser, Pokale, Schalen, Flaschen, Karaffen sowie Perlen aus Glas landeten eben nicht in einer entsprechenden Restmülltonne, sondern bilden gemeinsam ein Fenster-Kunstwerk in allen Farben des Regenbogens, das einfallendes Licht besonders scheinen lässt. „Das ist nichts Abstraktes, sondern Kunst im neuen Kontext.“ In der Gesamtkomposition geht das Einzelne auf und ergibt im Kontext einen neuen Sinn. So wie die Mitglieder einer Gemeinde. „Zehn Jahre habe ich studiert“, gewährte er Einsicht ins Private. „Der größte Blödsinn meines Lebens!“, lachte er. Aus Schubladen zog er alte Kladden, auf denen er als Jugendlicher erste Skizzen angefertigt hatte — lange bevor er in Istanbul und später an der Düsseldorfer Kunstakademie lernte. Bewundernd wurden die ästhetischen Dokumente gelobt und das Können bewundert. Für einen weiteren Paukenschlag sorgte der Gastgeber, als er dann in der gemütlichen Teerunde ein zither-ähnliches Instrument holte. Auf dem orientalischen Kanun spielte er jüdische Melodien. Die Noten dazu hatten ihm „Schalom“-Mitglieder einst geschenkt.