Stadtbücherei wird noch internationaler
Die Verwaltung hat angesichts der Flüchtlinge 10 000 Euro für Medien investiert, Sprach- und Lehrkurse werden massiv aufgestockt.
Ratingen. „Wenn Sie wissen wollen, wie es sich anfühlt, vollkommen fremd zu sein, blättern Sie dieses Buch durch“, gibt Erika Münster-Schroer ein arabischsprachiges Taschenbuch zum Angucken weiter. Weder Titel noch Inhalt sind für die meisten entzifferbar. Dass es sich um Belletristik handelt, kann man den schön geschwungenen Kringeln nicht entnehmen. Das weiß die Bibliothekarchefin von Kollegen.
Die Stadtbücherei wird noch internationaler, extra für Flüchtlinge und deren Integration wurde massiv investiert. „Ziel ist das Erlernen der deutschen Sprache“. Also wurde für viel Geld der Bestand an Sprach- und Lehrkursen massiv aufgestockt. Jenseits der pädagogischen Deutschförderangebote fanden einige fremdsprachige Titel wie eingangs beschriebener Roman den Weg in die Regale, die zum Beispiel in arabischer Sprache verfasst sind. „Manche Flüchtlinge sprechen bislang nur ihre Muttersprache“, andere genießen die entspannte Lektüre nach Stunden des Büffelens. „Diese Leser freuen sich über ein Stück Vertrautheit und Kultur. Wir wollen niemanden ausgrenzen.“
Insgesamt 10 000 Euro hat die Stadtbücherei zuletzt zum Ausbau ihrer Internationalität investiert. 5000 Euro wurden für haptische Medien wie Bücher und 3000 Euro für virtuelle Medien ausgegeben — vor allem in den Sprachen Englisch, Französisch, arabisch ebenso wie Russisch und Polnisch. Ein Teil der Summe stammt vom Land, das insgesamt 20 400 Euro gab. Dass außerdem fremdsprachige Kinderliteratur die Bestände komplettiert, ist dem Förderverein zu verdanken, der dafür die Summe von 2000 Euro bereitgestellt hat.
„Es kann gar nicht genug sein“, beurteilt Erika Münster-Schröer die Anschaffung der neuen Materialien, die ausschließlich für das Medienzentrum am Peter-Brüning-Platz gekauft wurden. Die Ratinger gehen einen eigenen Weg (Infobox), einen Verbund bilden sie mit den Häusern in Oberhausen und Bottrop. „Vor allem Oberhausen hat Erfahrung mit Flüchtlingen“, da konnte man sich einiges abgucken.
„Gute, aktuelle“ Lektüre und Lernpakete bereitstellen zu können, ist ein „wichtiger Aspekt. Mindestens ebenso wichtig ist die persönliche Ansprache.“ Seit mehr als 15 Jahren gibt es an der Stadtbücherei ein sogenanntes Mentorin. Hierbei betreuen (Vorlese-)Paten den Lesenachwuchs — der jetzt aus vielen Flüchtlingskindern besteht. Bücherhelden wie „Pettersson“ und „Findus“ finden sich neuerdings deshalb wie der facettenreich schillernde „Regenbogenfisch“ in bilingualen Ausgaben wieder — nämlich deutsch-arabischen. Ebenso wie die Büchereimitarbeiter versuchen diese vorlesenden Ehrenamtler, den Flüchtlingen Sprachzugang zu verschaffen.
„Niederschwellig“ soll das Angebot bleiben, „wir kommen über Netzwerke in Kontakt mit den Menschen“, Integrationsstelle und VHS zählen hierzu, ebenso wie Ravikes Singh, der englisch-deutsch sprechende Lesecafé-Leiter mit südafrikanischen Wurzeln und seiner herzlichen Art ein wichtiger Multiplikator ist, wie Münster-Schröer sagt.
Wegen der neuen Nutzer wurden weitere Arbeits-, also Lernplätze geschaffen und gestaltet, insgesamt 80 zählt das Medienzentrum jetzt.
Jeder dieser Arbeitsplätze ist mit Steckdose ausgerüstet, überall gibt es WLAN. Denn Sprachkenntnisse werden nicht nur per Fibel, Lese- oder Hörbücher, Zeitschriften und CD vermittelt. Der Weg führt auch über „Deutsch lernen mit Musik“ ins Netz.