Velbert Diakonissen leisteten Pionierarbeit

Neviges · Vor 20 Jahren begann an der Bleibergquelle mit den „Quellenzwergen“ die U3-Betreuung – jetzt wird neu gebaut.

 Die Schwestern der ersten Stunde, Ilse Wenzel, Martina Stein, Sigrun Vranken und Bärbel Leopold, mit der heutigen Kita-Leiterin Beate Schmidt und dem Geschäftsführer des Bildungszentrums Bleibergquelle gGmbH, Markus Berg, vor dem nun zum Abriss stehenden Haus der Quellenzwerge.

Die Schwestern der ersten Stunde, Ilse Wenzel, Martina Stein, Sigrun Vranken und Bärbel Leopold, mit der heutigen Kita-Leiterin Beate Schmidt und dem Geschäftsführer des Bildungszentrums Bleibergquelle gGmbH, Markus Berg, vor dem nun zum Abriss stehenden Haus der Quellenzwerge.

Foto: Reinhard Lüdeke

Erste Ansätze gab es Ende der neunziger Jahre: „Damals war eine Schülerin schwanger und stand vor der Frage, wie es weitergehen soll“, erinnert sich Schwester Ilse Wenzel, von 1983 bis 2009 Leiterin des Berufskollegs Bleibergquelle. Für die Diakonisse war klar: „Man kann nicht gegen Abtreibungen sein ohne den Frauen Hilfestellungen zu bieten.“ Die pragmatische Lösung: Im Dachgeschoss der Schule wurde ein Raum hergerichtet, eine Schwester kümmerte sich während der Unterrichtszeit um das Baby.

Es blieb nicht bei dem Einzelfall: Die Frage, Ausbildung und (meist ungeplantes) Kind unter einen Hut zu bringen, wurde von Schülerinnen und Lehrerkollegium thematisiert. Daraus wurde die Idee geboren, den Schülerinnen eine reguläre Betreuung ihrer Kinder in der Schule anzubieten: „Als wir im August 2001 starteten, war das etwas völlig Neues“, berichtet Schwester Martina Stein, die Mitschwestern und ehrenamtliche Helferinnen aus der Gemeinde zur Unterstützung gewinnen konnte. Der Bedarf war vorhanden – am ersten Tag kamen vier Kinder, im Januar waren es schon zehn im Alter von acht Wochen bis vier Monaten. Untergebracht waren die „Quellenzwerge“, wie die Gruppe hieß, in der ehemaligen Pflegevorschule, einen Steinwurf vom Berufskolleg entfernt: „Die Schülerinnen brachten die Kinder vor dem Unterricht und kamen in den Pausen, etwa um sie selber zu füttern“, so Schwester Martina.

Die Diakonie trug vollständig die Kosten, deshalb nahm die damalige Oberin des Mutterhauses, Schwester Bärbel Leopold, an der Spendenaktion eines Drogeriemarktes teil: Eine Stunde lang durfte sie am Fließband zugunsten der Quellenzwerge kassieren. Die Werbeaktion hatte ungeahnte Folgen: Bis dahin völlig unter dem Radar der Behörden, standen nun Jugendamt und Landschaftsverband (LVR) vor der Tür. Heute können die Schwestern darüber schmunzeln, doch damals war die Lage ernst: Die ungenehmigte Einrichtung – als solche galt das Projekt bei den Ämtern – sollte umgehend geschlossen werden. „Wir wollten den Schülerinnen helfen und haben nicht groß gefragt – wir haben es angepackt“, erinnern sich Schwester Bärbel und Schwester Ilse. Beim Gespräch mit den Behördenvertretern waren auch die jungen Mütter anwesend, machten klar, dass sie ohne die Kinderbetreuung ihre Ausbildung abbrechen müssten.

Neugebaute Kita soll schon
im Sommer 2022 fertig sein

Schließlich durften die Diakonissen weitermachen, mussten aber das Haus in den Sommerferien 2002 vorschriftskonform umbauen  und einrichten – trotz ehrenamtlichen Einsatzes der Diakoniegemeinschaft waren Kosten von 60 000 Euro zu stemmen. Schwester Sigrun Vranken übernahm als gelernte Erzieherin bis 2007 die Leitung: „Ich hatte als Krankenschwester ja keine pädagogische Ausbildung“, erinnert sich Schwester Martina, die bis zur Pensionierung im Jahr 2018 für die Quellenzwerge tätig war. Bis zu 16 Kinder unter drei Jahren wurden zeitweilig betreut, regelrecht Pionierarbeit geleistet: Mit Aufkommen der U3-Betreuung war häufig der Rat der erfahrenen Diakonissen gefragt.

Seit 2014 leitet Beate Schmidt die Kita und steht zwanzig Jahre nach der Gründung wieder vor einem Umbruch: Zum einen soll die Kita, die derzeit elf Kinder im Alter von acht Wochen bis drei Jahren zählt, um eine Ü3-Gruppe erweitert werden, zum anderen entspricht das Gebäude nicht mehr den aktuellen Vorschriften. Schmidt, die selber die Ausbildung zur Erzieherin am Berufskolleg Bleiberg­quelle absolvierte, ist deshalb vor Weihnachten mit den Kindern ins benachbarte einstige Fachseminar für Altenpflege gezogen.

Die ehemalige Heimat der Quellenzwerge wird einem modernen Neubau weichen, erläutert Markus Berg, Geschäftsführer des Bildungszentrums Bleibergquelle gGmbH und Verwaltungsleiter des Mutterhauses. Man befinde sich derzeit noch in der Abstimmung mit dem LVR, die Gebäudeplanung sei aber weitgehend abgeschlossen.

„Corona hat einiges verzögert“, sagt Berg, man wolle aber im ersten Quartal 2021 die Baugenehmigung beantragen: „Unser Ziel ist, im Sommer 2022 in der neuen Kita zu starten.“