Den Dom mit Augen und Ohren entdecken

Zum 50. Weihefest des Mariendoms gingen die Besucher auf eine optische oder akustische Entdeckungsreise.

Neviges. Nach dem feierlichen Pontifikalamt zum 50. Weihejubiläum des Mariendoms waren alle Interessierten zu einer etwas anderen Kirchenführung eingeladen. „Ich bin so oft im Dom, und ich entdecke immer wieder was Neues“, räumte Bettina Wertmann ein. „Ich hatte immer gedacht, die Mariensäule und der Altar wären aus Beton gegossen, so wie die ganze Kirche, dabei habe ich jetzt erfahren, das es sich um eine Steinmetzarbeit handelt.“ Die neue Erkenntnis wird die Nevigeserin nicht davon abhalten, auch weiterhin die Kirche zu besuchen, um abzuschalten und Ruhe in der Krypta zu finden.

„Das waren alles sehr kompetente Menschen, die da standen und erklärten“, lobte Ute Pieczweski die Experten, die an zwölf Stationen ihr Wissen um den epochalen Kirchenneubau des sogenannten Brutalismus weitergaben. Dabei ging es nicht nur um die Architektur an sich, sondern auch um Persönliches des Erbauers. „Ohne Elisabeth Böhm würde es den Dom wohl nicht geben“, mutmaßt Kirchen der Kirchenexperte Tilling: „Sie hatte ihren späteren Mann davon überzeugt, statt Bildhauerei Architektur zu studieren.“

Wallfahrtsleiter Frank Krampf, freute sich, dass der Strom der interessierten Besucher über zwei Stunden nicht abriss. Durch die kenntnisreiche Führung hatten viele Besucher den Dom ganz neu für sich entdeckt, einen Tag später folgte die akustische Erkundung der Kirche im Rahmen des Projekttages „Lichte Stille“. Ein Konzert moderner Musik, das die räumliche Fülle der zweitgrößten Kirche im Erzbistum Köln raffiniert ausnutzte: Überall hatten sich Musikgruppen und Chöre positioniert, die für ein ganz neues Hörerlebnis sorgten.

Der größte Chor hatte sich unter die Zuschauer gemischt. Als sich die Sänger erhoben, wurde „ Dein ist der Tag, dein ist auch die Nacht“ aufgeführt. Die Kantate für Chor, Soli, Orgel, drei Trompeten und Pauken war eine Auftragskomposition für Stefan Scheidtweiler. „Ich habe viele Text aus der Bibel verwendet“, erklärte der Kölner Kirchenmusiker, der wusste, dass Wut und Verzweiflung bereits vor über 2000 Jahren ein Thema waren. „Meine Kantate singt nicht nur davon, sondern auch von Gottvertrauen“, so der Komponist, der viele Elemente aus der liturgischen und musikalischen Tradition verwendete. „Es ist ein neuer Rhythmus, moderne Musik auf einem sehr traditionellen Fundament“, so die Beschreibung des 41-Jährigen, der die Chöre persönlich dirigierte. Ein besonderes Hörerlebnis, das bestens zu der außergewöhnlichen Architektur passte. Wer bereit war, sich auf zeitgenössische Musik einzulassen, der hatte an dem Konzert ebenso so seine Freude wie an der Kirchenführung, die viele unbekannte Aspekte zutage brachte.