Die Geheimnisse des Schlosses

Warum die Fenster nicht auf einer Höhe sind und der Eingang des Baus viel zu klein, weiß der Historiker Gerhard Haun.

Foto: Simone Bahrmann

Neviges. Die Faszination des Schlosses Hardenberg auf die Nevigeser ist ungebrochen. Das beweisen die dutzenden Menschen, die sich bei den regelmäßigen Führungen des Schloss-Fördervereins um den Nevigeser Historiker Gerhard Haun scharen. Hier die schönsten vergessenen Fakten und kleine Geheimnisse des historischen Gebäudes.

Aufmerksamen Betrachtern fällt es direkt auf: Die Fenster des Schlosses Hardenberg sind links auf einer anderen Höhe wie rechts. Nachdem am 13. Mai 1785 ein Feuer das Hauptgebäude (linker Teil) zerstört hatte, wurde rechts ein weiterer Gebäudeteil hinzugefügt. Das barocke Mansardendach vereint das Ensemble.

Eindeutiger Beweis dafür ist für Gerhard Haun die Eingangstür. Normalerweise würde man bei so einem repräsentativen Adelssitz eine Doppeltreppe mit größerem Eingang erwarten. Doch ganz offenbar hat es nur für eine Notlösung gereicht.

Lange Zeit wurde angenommen, dass es schon 1680 gebrannt hat und das Schloss bis 1696 seine große Transformation durchlaufen hat, weil diese Zahl in einer Inschrift über der Tür steht. Doch laut Haun belegen Urkunden, dass Brand und Umbau erst 1785 stattgefunden haben. 1696 ist wahrscheinlich, so der Historiker, Datum eines Besitzerwechsels, verbunden mit Renovierungsarbeiten gewesen. Der Türrahmen sei dann wahrscheinlich erst nachträglich in den Eingangsbereich versetzt worden - ebenso eine Sparmaßnahme.

Haun erinnert sich, dass man sich lange Zeit erzählt hat, dass es zwischen der alten Burg, die früher einmal auf dem Berg westlich des Schlosses stand, und den Kasematten des Herrenhauses eine geheime unterirdische Verbindung gegeben haben soll. Der Historiker weiß: „Alles Mythos.“ Bis in die 1930er fuhren hier Boote

Noch bis in die 30er Jahre fuhren im Sommer Kähne auf dem See hinter dem Schloss, im Winter wurde Schlittschuh gelaufen. Ab 1903 versorgte eine Wirtschaft im Schloss die Besucher. Später verschlammte das Gewässer weitgehend, das früher bis an das Mauerwerk reichte.

Nachdem zum Ende des 19. Jahrhunderts das letzte Mitglied der Familie von Wendt verstorben war, wurde das Haus lange Zeit nicht mehr als Wohnsitz genutzt. Nach der Gastronomie zog im Zweiten Weltkrieg das Postscheckamt Essen in das Gebäude. 1947 pachtete die katholische Kirche das Schloss und richtete dort ein Wohnheim für Jugendliche ein, die als Flüchtlinge aus dem Osten oder aus strukturschwachen Gebieten kamen. 1964 führte die Stadt Neviges umfangreiche Sanierungsarbeiten durch und richtete den Rittersaal für die Sitzungen des Rates ein. Ab 1975 beherbergte dann das Schloss die Moderne Galerie und das Stadtarchiv der Stadt Velbert - 2003 setzte die Baufälligkeit jeder Nutzung ein Ende.

Der zurzeit sichtbare Putz ist erst vor einigen Jahren im Rahmen der ersten Restaurationsbemü- hungen aufgetragen worden. Darunter befindet sich ein Steinbau. Wer wissen möchte, wie der Putz nach dem Umbau 1785 aussah, findet an der Westseite der Mauer einen Teststreifen mit glatter Oberfläche. So soll das Gebäude eigentlich wieder gestrichen werden - doch die Arbeiten am Herrenhaus ruhen wegen der unklaren Finanzierung auf unbestimmte Zeit.

17. Jahrhundert die Kasematten angebaut wurden, verfügt das Schloss über ein Alleinstellungsmerkmal. Der Bau vereint zwei Verteidigungssysteme: Es konnte von der Mauer herab und aus den Schießkammern der Kasematten heraus mit kleineren Artilleriegeschützen geschossen werden. In dieser gut erhaltenen Form findet man so ein System laut Haun in ganz Deutschland nicht noch einmal.