„Die Wülfrather sind tolerant“
Hayrettin Kahraman schätzt den Zusammenhalt und die ruhige Atmosphäre in der Stadt. Besonders der Krapps Teich hat es dem Vorsitzenden des Islamischen Vereins angetan.
Wülfrath. Immer wenn Hayrettin Kahraman sich entspannen will, geht er an den Krapps Teich. Die kleine Parklandschaft, der Blick auf den Kirchturm - all das hat es dem 44-Jährigen angetan. "Man fühlt sich ja fast ein bisschen wie am Meer", sagt Kahraman lächelnd - und schlendert von den Bänken vor dem Altenheim zu dem kleinen Steg am Teich.
Vor 30 Jahren kam Kahraman mit seiner Familie aus der Türkei nach Deutschland. Sein Vater war Gastarbeiter bei Kalk - eine klassische Wülfrather Einwanderer-Biographie. Kahraman lebte sich schnell ein, lernte die Sprache und fand deutsche Freunde.
Ohne allerdings seine Wurzeln zu verlieren: Er ist Vorsitzender des Islamischen Vereins und hat dabei den Bau der Moschee an der Lindenstraße auf den Weg gebracht. Und wenn er auf seinen Handy angerufen wird, ertönt ein orientalischer Klingelton.
Aber trotz aller Verbundenheit zur Türkei und zum Islam: "Ich bin hier in Wülfrath zu Hause", sagt Kahraman. Das merke er immer wieder, wenn er die Stadtgrenze überquere. "Die Wülfrather sind tolerant, und es gibt für uns eine gute Zusammenarbeit mit den Behörden und den anderen Kirchen."
In der Nacht vom 19.April dann der Schock: Die Moschee an der Lindenstraße wurde mit Hakenkreuzen, SS-Zeichen und "Ausländer raus"-Sprüchen beschmiert. Aber auch dieser fremdenfeindliche Angriff habe sein positives Wülfrath-Bild nicht wesentlich verändert , sagt er - was zunächst überraschend klingt. "Ich glaube nämlich nicht, dass die Täter aus Wülfrath kamen", erklärt Kahraman dann. "Wir kennen unsere Nachbarn."
Hayrettin Kahraman zu den fremdenfeindlichen Schmierereien an der Moschee
Im Gegenteil: Viele Wülfrather hätten sich solidarisch gezeigt und Unterstützung angeboten. Nach dem Anschlag gab es ein großes gemeinsames Friedensgebet, Firmen stellten Farbe zur Verfügung, um die Nazi-Symbole zu verdecken, auch Schüler sammelten Spenden.
Während die Schmierereien bislang nur oberflächlich überstrichen worden und noch teilweise zu erkennen sind, soll die Moschee nun komplett neu gestrichen werden, damit nichts mehr zu sehen ist. "Die Täter sollen eins wissen", sagt Kahraman leise: "Sie haben unsere Gemeinschaft in der Stadt nur noch weiter gefestigt, nicht auseinander gerissen."
Mit seiner Frau und vier Töchtern wohnt Kahraman an der Halfmannstraße - nicht weit von der Innenstadt und seinem "Lieblingsplatz" am Krapps Teich entfernt. Fast täglich macht er einen Spaziergang durchs Städtchen.
Was ihn allerdings stört: "Es ist in der Innenstadt mittlerweile sehr leer geworden. Immer weniger Geschäfte und immer weniger Besucher." Der Bau des Einkaufszentrums an der Fliehte habe sich im Nachhinein als Fehler herausgestellt, sagt er.
Sein Appell für "sein" Wülfrath ist daher, die Attraktivierung der Innenstadt ernster zu nehmen und insbesondere etwas für junge Leute zu bieten. "Es ist doch schön hier. Warum sollte man immer nebenan in die Großstädte gehen?"