Flüchtlingshilfe per Computer

50 Informatik-Schüler des Berufskollegs Niederberg haben ein Sprachlernprogrammfür den PC entwickelt.

Flüchtlingshilfe per Computer
Foto: Simone Bahrmann

Velbert. Programmierlehrer Horst Schlesinger weiß, wie schwer Unterricht ist, wenn man sich mit dem Gegenüber nicht verständigen kann. „Vor etwa 40 Jahren saß ich schon mal einer Klasse voller Türken gegenüber. Die sprachen kein Wort Deutsch und ich sprach kein Wort Türkisch.“ Anlässlich der neuen Flüchtlingswelle hatte der 68-jährige Lehrer die Idee, gemeinsam mit seinen Schülern am Berufskolleg Niederberg ein Sprachlernprogramm zu entwickeln.

Schließlich programmierten 50 Schüler aus der Mittel- und Oberstufe eine Software, die selbst für Flüchtlinge geeignet ist, die nicht einmal Englisch können. Das Programm demonstriert alle möglichen Begrifflichkeiten aus dem alltäglichen Leben mit Bildern. Schlesinger erklärt: „Dafür hat ein pensionierter Kollege rund 120 Fotos gemacht.“

Beispiel: Damit sich die Neuankömmlinge im Supermarkt zurechtfinden, hat er in einer Velberter Filiale alles vom Obst bis zur Kassiererin abfotografiert. Die Flüchtlinge sehen etwa das Bild einer Orange und können sich das Wort im Schriftbild anzeigen oder vorlesen lassen.

Das Programm deckt viele lebensnahe Bereiche ab, wie etwa das Reisen mit öffentlichen Verkehrsmitteln, den Gang zum Arzt oder die Begrifflichkeiten von Familienverhältnissen. „Das Programm umfasst rund 600 Worte und kleine Sätze“, sagt Schlesinger, der trotz seines Pensionsalters noch freiwillig am Berufskollegs unterrichtet.

Die Schülerinnen Larissa Rottländer (21), Deniz Gürbey (18) und Angelina Meyering (18) sind stolz auf ihren Beitrag zum Projekt, das sie ungefähr zwei Wochen beschäftigt hat. Rottländer, die auch Begriffe für das Programm eingesprochen hat, verrät: „Die Arbeit war gar nicht so schwierig, wobei ich nicht gedacht hätte, dass das Einsprechen so viel Zeit in Anspruch nimmt.“

Derzeit lernen mit dem Programm noch ausschließlich die Flüchtlinge, die am Berufskolleg Deutschunterricht haben, und die sogenannten Seiteneinsteiger, die neben dem normalen Unterricht noch besondere Hilfe in Deutsch bekommen. Die Albanerin Artiola Lloci ist seit acht Monaten in Deutschland und nutzt das zusätzliche Angebot gerne. Sie sagt: „Es ist gut.“ Allerdings würde sie sich noch mehr ganze Sätze wünschen. Grammatik lehrt das Programm nicht — aber es soll ein erster Einstieg in die Sprache sein.

Diesen möchte Horst Schlesier nun auch anderen Flüchtlingen anbieten. Er macht ein Angebot, das gerade für viele Schulen interessant sein könnte: „Jede Einrichtung, die Interesse hat, kann die Software kostenlos haben.“