Kinder-Hilfe ist in Not

Das Ambulante Diagnose- und Therapiezentrum unterstützt Kinder mit seelischen Problemen und ihre Familien. Doch die gemeinnützige Arbeit ist gefährdet.

Velbert. Sein Verhalten ist den Eltern ein Rätsel: Marcel tritt und schlägt um sich. Seine Wutausbrüche sind echte Ausraster. Auch im Kindergarten sind die Erzieherinnen ratlos und geben den verunsicherten Eltern den Tipp: „Vielleicht kann das Therapiezentrum am Klinikum weiterhelfen.“

Kann es. Seit rund zwei Jahren betreibt der Verein Hilfe für Kinder dort das Ambulante Diagnose- und Therapiezentrum — finanziert nur aus Mitgliedsbeiträgen und Spenden. Doch die Mittel sind am Ende. Das Zentrum ist gefährdet — und damit die Therapie von Marcel und seiner Familie.

Dr. Hannelore Aretz hat 1995 den Verein ins Leben gerufen. Das Zentrum am Klinikum hat der gemeinnützige Verein am 1. August 2008 eröffnet. Seither leitet Dr. Fritz Pellander diese Einrichtung. Die beiden Ärzte und Therapeutin Jessika Kuehn-Velten erläuterten im Gespräch mit der WZ die Arbeit des Zentrums und wiesen auf den finanziellen Engpass hin, den der Verein auch an der defensiven Haltung der Stadt festmacht. Hannelore Aretz: „Velbert hält Zusagen nicht ein.“

Vor dem Hintergrund, dass es an diagnostischem Kinderschutz in Velbert fehle, sei man an den Start gegangen. Kinder mit seelischen Problemen und anderen Auffälligkeiten hat das Zentrum im Blick. „Die Familien werden vor allen Dingen von Kindergärten, aber auch von Schulen, Kinderärzten oder dem Klinikum an uns verwiesen“, sagte Pellander.

Bei der Ursachenforschung für das Verhalten gehe man sowohl auf das Kind, als auch auf die Angehörigen ein. Ebenso wird das Umfeld — wie die Kita zum Beispiel — einbezogen, „um ein passendes Therapiekonzept zu erstellen“, so Kuehn-Velten. Dabei, betonte Aretz, setze man auf Kooperation mit den örtlichen Anbietern wie SKFM oder Caritas. Aber auch das Diagnostik-Zentrum verfügt über Therapeuten.

In mehr als 500 Fällen — in vielen ging es um konkrete Kindeswohlgefährdung — sind Pellander und Team in den vergangenen zwei Jahren aktiv geworden. Rund 250 000 Euro wurden privat aufgebracht. Ein Evaluierungsbericht der Uni Wuppertal weist nach, dass das Diagnose-Zentrum im Netzwerk Kinderschutz eine Schlüsselrolle einnimmt.

Dieser Bericht war Teil der Kooperationsvereinbarung zwischen Verein und Stadt, die im November ausgelaufen ist. Vereinbart war laut Aretz auch, dass nach dem zweijährigen Test auf jeden Fall die laufenden Fälle seitens der Stadt weiterbetreut werden. „Das ist nicht passiert“, kritisiert Hannelore Aretz. Mehr als 30 Fälle seien betroffen — auch Marcel und seine Familie.

Durch den Nothaushalt seien der Stadt die Hände gebunden, sagte Dezernent Holger Richter. Eine pauschale Unterstützung des Vereins und des Zentrums sei daher nicht möglich. „Aber die Einrichtung ist ein sinnvolles Element im Netzwerk, das wir bewahren wollen.“ In der kommenden Woche soll es daher ein Gespräch geben, „damit wir die Kooperation fortführen können“. Angedacht ist eine Finanzierung über eine Einzelfallabrechnung. Die funktioniert mit den Nachbarn aus Wülfrath schon länger — und unbürokratisch.