Konzert der Musikfreunde mit verrückt-entrückten Perückenwesen
Beim Jahreshauptkonzert im Kommunikations-Center in Schlupkothen wurden die verkleideten Musiker vom Publikum frenetisch gefeiert.
Wülfrath. Sie sind „die“ hiesige Heimatband und bringen Kathedralen zum Bersten. Mehr Zuhörer als zum Jahreshauptkonzert — so der amtliche Name der saisonalen Kultsause der Musikfreunde Wülfrath — passten in den Bühnensaal des Komm-Centers in Schlupkothen beim besten Willen nicht hinein. „Jedes Mal die Bude voll, das ist ganz toll!“ reimte Moderator Bernd Kicinski.
100 Fans auf dem Parkett und 13 Musiker ergänzt durch exquisite Gäste an Schlagzeug und Keyboard, und ein Dirigent waren zum musischen Maskenball erschienen. Der halbe Fundus des Theaters Minestrone ergänzt um Schätzchen aus einem Düsseldorfer Kostümverleih verhalfen dazu, den Konzerttitel „Rock meets Classic“ stilecht zu umkleiden.
Als zentrale Fraktion hatten die vier Akkordeonistinnen für sich die opulenten Tüllroben der Barockmusik gewählt. Beim Auftritt dieser verrückt-entrückten Perückenwesen füllte sich der Raum zeitsprungschnell mit jener anarcho-dekadenten Stimmung aus dem epochalen Falco-Musikvideo zu „Rock me Amadeus“. Kaum umhin kam da Kapellmeister Stephan Lux in memoriam des Idols Mozart die Filmmusik zum Ausstattungsstreifen „Amadeus“ anzustimmen. Seine wildwüchsige Auswahl an klanghistorischen Meilensteinen führte weitere klassische Werke von sentimental (Bachs „Air“) bis zackig (Beethovens „Fünfte“) ins Felde. Unvergesslich wird das in volle Wallung geratene Orchester beim Feger „I love Rock n‘ Roll“ bleiben.
Erneut hatte Arrangeurin Gisela Bock fleißig zahlreiche moderne Meisterstücke umgeschneidert. Sie stellt sich dabei der Aufgabe, die üblicherweise von flinken Gitarrenfingern gespielten Melodien dem eher gemütlichen Akkordeonsummen anzuvertrauen. Und bei der Suite „Morgenstimmung“ aus den romantischen Komponistenklauen Edvard Griegs gelang ihr das gar mit den flimmernden Geigenstimmen.
Fast zu scheitern drohte hingegen der traditionelle Beitrag des derzeit dreiköpfigen Jugendensembles der Musikfreunde „Back & Fill“. Zwei Drittel von ihnen harrten stundenlang im Stau auf der A 1. So musste sich die einzig verbliebene Sranya Gehrmann in ihrer Stärke — der verblüffenden Spontaneität — beweisen. In der Pause rief sie ihren anwesenden Musikkumpel Marius Wagner zu sich — und gemeinsam schworen sie, nun ein Husarenstück zu wagen. Aus der Erfahrung vergangener Proben der vergangenen Jahre improvisierten sie dann an Kistentrommel und Akustikgitarre in der zweiten Konzerthälfte ein stupendes Liedermacher-Gemisch. Gerade als die die letzte Strophe gerappt war, stürmten wie geheim inszeniert, die beiden im Stau vermissten Jungmusiker Anna Rau und Julius Schlipköter auf die Bühne. Mit allen im Verein gipfelte diese über zweieinhalb Stunden in Vollkostümierung und Scheinwerferhitze Schweiß und Freudentränen treibende Maskerade umwerfend ungeschminkt in der Wieg und Wälz-Nummer „Summer of ‘69“.