Langenberg: Die Spuren großer Geister

Geschichte: Sogar die Manns haben familiäre Verbindungen nach Langenberg, haben Peter Andreas und Volkmar Wittmütz herausgefunden.

Langenberg. Was haben Thomas und Heinrich Mann, das Folkwang-Museum, die Weimarer Verfassung, die Europäische Gemeinschaft und der Verfasser des Liedes "Der Mai ist gekommen" gemeinsam? Sie alle haben direkte und indirekte Wurzeln in Langenberg. Catharina Platzmann, die Ur-Ur-Ur-Ur-Großmutter der Schriftstellerbrüder Mann, lebte mitten in Langenberg im "Lösenhaus" an der Hauptstraße 82. Die Kunstsammlerin Gertrud Osthaus (1880-1975), die mit den Künstlern Matisse, Cézanne und Nolde befreundet war und sich von Renoir malen ließ, gründete mit ihrem Mann zusammen das Folkwang-Museum.

Aus Langenberg stammt auch der SPD-Politiker Emanuel Cohen-Reuß, einer der Väter der Weimarer Verfassung. Und Carl Friedrich Ophüls handelte als Diplomat die römischen Verträge mit aus und prägte den Begriff "Europäische Gemeinschaft". Aber auch Emanuel Geibel, der Dichter des Liedes "Der Mai ist gekommen", und der Dramatiker Herbert Eulenberg haben dort ihre familiären Wurzeln.

Ausgegraben und dokumentiert haben diese heimatgeschichtlichen Sensationen Peter Andreas und Volkmar Wittmütz in dem gerade im Scala-Verlag erschienenen Buch "SpurenLese. Portraits aus drei Jahrhunderten, 1638 - 1895". "Der Auslöser für das Buch war ein Ärgernis", blickt Peter Andreas zurück: Weil auf der Wikipedia-Seite über Velbert unter der Rubrik "Persönlichkeiten" als Langenberger nur ein Schwimmweltmeister (Peter Nocke) und ein Serienmörder (Jürgen Bartsch) aufgeführt waren, habe er sich selbst auf die Suche begeben. Und er stieß auf Spuren, die ihn zunehmend "elektrisiert" haben. "In den Ortschroniken steht nichts dazu." Eine Figur nach der anderen holte Peter Andreas aus dem Dunkel der Vergessenheit ins Licht.

Besonders fasziniert war er von den Verbindungen zur deutschen Literatur - etwa die bereits erwähnte Verwandtschaft zu Heinrich und Thomas Mann oder zu Emanuel Geibel. "Die Manns haben ihre Familiengeschichte bei den Urgroßeltern Croll enden lassen. Heute wissen wir, dass die andere Linie der ,Buddenbrooks’ sich bis Langenberg zurückverfolgen lässt. Das stellt die Stadt in einem ganz anderen Licht dar", meint Andreas.

Weitere Söhne und Töchter Langenbergs, die Herausragendes geleistet haben, waren Magdalene Madaus, die als Homöopathin die "Irisdiagnose" entwickelt hat, Max Steinitzer, Dirigent und Musikwissenschaftler, der die erste Biografie über Richard Strauss verfasst hat, aber auch Juristen Theologen, Wissenschaftler - insgesamt werden 39 portraitiert.

Warum das kleine Städtchen eine solche Fülle an Persönlichkeiten hervorgebracht hat, die mit ihrem Mäzenatentum oder durch ihr Wirken in Kunst, Literatur, Theologie, Medizin, Politik und Diplomatie Bedeutendes geschaffen haben, gibt auch den Verfassern Rätsel auf.

"In Langenberg, das früher wie Neviges zur Herrschaft Hardenberg gehört hat, konnte sich ein freieres Klima entwickeln, das ein besonderes Unternehmer- und Mäzenatentum gefördert hat", sagt Volkmar Wittmütz. Das führte auch zu einem besonderen Wohlstand: Langenberg war im 19.Jahrhundert eine der reichsten Städte im Deutschen Reich - dank der Seidenfabrikanten und Handelskaufleute.