Velbert Lebensretter durch Reanimation

Velbert. · Pastoralreferent Gisbert Punsmann hatte Glück im Unglück – das Ehepaar Büttgen machte bei ihm alles richtig.

Pastor Gisbert Punsmann (v. l.) , Winfried und Maria Anna Büttgen, Dr. Lars Bansemir und  Dr. Christian Fricke.

Foto: Helios Klinikum Niederberg/Helios

(HBA) Der Erste-Hilfe-Kurs wird ist für Menschen, die einen Führerschein machen wollen, vorgeschrieben. Doch nicht nur im Straßenverkehr passieren Unfälle – auch im Alltag brauchen Menschen Retter in der Not. Wie wichtig es ist, die einfachsten Grundlagen der Wiederbelebung zu kennen und anwenden zu können, zeigt das Beispiel von Pastoralreferent Gisbert Punsmann.

Es war ein ganz normaler Sonntag in Velbert Ende August 2020 als Gisbert Punsmann, Pastor der Gemeinde St. Don Bosco, sich auf den Weg zum Gottesdienst machte. Wie jeden Sonntag fuhr der sportliche 58-jährige zur Kirche an der Von-Humboldt-Straße und begrüßte die Gemeinde, die sich schon im Gotteshaus versammelt hatte.

Nach der Ansprache schlug Punsmann den Besuchern noch zwei Gedanken zur Meditation vor, während er Musik abspielen wollte. An alles Weitere kann er sich nicht mehr erinnern, denn als er sich nach unten beugte, um die Musikanlage anzustellen, sackte er bewusstlos zusammen. Ein Schockmoment für alle Anwesenden, doch das Ehepaar Maria Anna und Winfried Büttgen zögerte nicht lang, sondern tat das einzige, was in diesem Moment richtig ist: Ersthilfe leisten.

„Ich wählte unverzüglich den Notruf und der Mitarbeiter der Leitstelle sagte mir, dass wir seine Anweisungen befolgen und am Telefon bleiben sollen, bis der Rettungswagen und der Notarzt vor Ort sind“, erinnert sich Maria Anna Büttgen. Auf Anweisung überprüfte ihr Ehemann umgehend die Vitalzeichen des Pastors. Punsmann war zu diesem Zeitpunkt nicht mehr ansprechbar, hatte keine Farbe mehr im Gesicht und atmete nicht mehr: Ein Zeichen, dass schnell mit der Herz-Druck-Massage begonnen werden musste.

Punsmann erlitt einen Herz-Kreislaufstillstand. Dabei fällt die Herzfunktion plötzlich aus, das Herz pumpt kein Blut mehr durch den Körper und der lebenswichtige Sauerstoff gelangt nicht mehr in die Organe. Bereits nach wenigen Minuten ohne Sauerstoff treten im Gehirn unwiderrufliche Schäden auf und die Überlebenschance sinkt mit jeder Sekunde.

„In Deutschland versterben jährlich circa 65­ 000 Menschen am plötzlichen Herztod, da vor Ort häufig nur unzureichend reanimiert oder aus Angst vor Fehlern lieber gar nichts unternommen wird. Nur 30 bis 35 Prozent führen vor Ort eine Herzdruckmassage durch“, erklärt Dr. Lars Bansemir, Chefarzt der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Diabetologie am Helios Klinikum Niederberg.

Die Büttgens machten alles richtig: Sie handelten zügig und besonnen, ohne in eine Schockstarre oder in Panik zu verfallen. „Ein Herzinfarkt entsteht meist durch ein Blutgerinnsel, welches ein Herzkranzgefäß verstopft. Diese Gefäße versorgen den Herzmuskel mit Blut und Sauerstoff. Meistens ist eine Arterie durch Ablagerungen und Verkalkungen an der Innenwand verengt. Eine solche Arteriosklerose der Herzkranzgefäße wird auch koronare Herzkrankheit genannt“, erklärt Dr. Christian Fricke, Leitender Oberarzt der Kardiologie im Velberter Klinikum.

Bei Gisbert Punsmann bildete sich auf einer solchen Ablagerung ein Blutgerinnsel (Thrombus). Es kam zum Infarkt mit lebensbedrohlicher Herzrhythmusstörung – dem Kammerflimmern. „Circa sechs Minuten nachdem meine Frau den Notruf gewählt hatte, kamen die Sanitäter und haben mir dann die Herzdruckmassage abgenommen. Erst nachdem der Krankenwagen abgefahren war, habe ich gemerkt, wie sehr ich am ganzen Körper gezittert habe. Davor habe ich einfach nur fast schon wie ferngesteuert funktioniert“, berichtet Winfried Büttgen.

Nachdem der Notarzt mit einem Elektroschock das lebensbedrohliche Kammerflimmern beendet hatte, wurde im Helios Klinikum Niederberg eine Koronarangiographie durchgeführt. Mit Hilfe einer Ballondilatation wurde das verstopfte Gefäß geweitet, die Verstopfung wurde entfernt und anschließend wurde es mit einer Gefäßstütze (Stent) versehen. Gleichzeitig wurde die Körpertemperatur mittels eines zweiten Katheters auf 34 Grad Celsius gesenkt. Diese spezielle Therapie nennt der Fachmann auch therapeutische Hypothermie, sie gehört in Niederberg bereits seit längerem zum Standardverfahren nach Herz-Kreislauf-Stillstand, seitdem mehrere Studien eine Verminderung von durch Sauerstoffmangel verursachten Spätfolgen für das Gehirn nachgewiesen haben. Der Patient musste ins künstliche Koma versetzt und einige Tage intensivmedizinisch betreut werden, bis ihn die Ärzte wieder langsam ins Leben zurückholten.

„Ich werde mich auf keinen
Fall in Watte packen“

Nach einem mehrwöchigen Reha-Aufenthalt ist er nun wieder fit und schmiedet Pläne für die Zeit nach dem Corona-Lockdown. Er möchte weiter an Fußballspielen mit seinem Sohn teilnehmen und auch wieder anfangen zu joggen. Ebenso steht der Kauf eines Rennrades weit oben auf seiner To-Do-Liste. „Ich werde mich auf keinen Fall in Watte packen, sondern das Leben wieder so genießen wie früher“, berichtet der leidenschaftliche Schalke-Fan.