Neviges: Eine Frau mit dem Sexappeal eines beigen Tischstaubsaugers

Kleinkunst: Zwischen Ironie und Sinnlichkeit: Christiane Weber und Timm Beckmann begeistern mit ihrem Stück „ausversehnsucht“. Das Duo unterhielt mit gegenseitigen Seitenhieben und Frontalattacken.

<strong>Velbert-Neviges. Was will das Wort "ausversehnsucht" wohl aussagen? Ist es vielleicht das Gefühl, das man bekommt, wenn man mit einer lange nicht mehr gesehenen alten Freundin "einen drauf machen will" und sie nur Kakao bestellt? Oder vielleicht der geplante romantische Kinoabend mit dem Angebeteten, der sich dann doch gegen die Romanze und für "Spiderman" entscheidet?

Auf der Bühne mit dem schönsten Programmtitel der Welt

Irgendwie können sich die Bühnendarsteller nicht so recht einig werden. Doch eines wissen sie beide sicher: "Es ist der schönste Programmtitel der Welt!" Mit ihrem Chanson- und Kabarett-Programm "ausversehnsucht" begeisterten Christiane Weber und Timm Beckmann am Mittwochabend im Theater am Schloss ihr Publikum. Das Duo hatte im Februar dieses Jahres den deutschen Kleinkunstpreis bekommen. Und das zu Recht: Sie versprühen mit ihren außergewöhnlichen Texten und brillanten Kompositionen Charme, Bissigkeit, Ironie, Sarkasmus und Sinnlichkeit: Mit dieser Mischung schafften sie es ihrem Publikum Tränen in die Augen zu treiben - sei es vor Lachen oder vor Rührung. Die Zuschauer ließen sich treiben und mitreißen und hing dem sympathischen Duo an den Lippen. Die chaotisch wirkende Diva und der lausbubenhaft erscheinende Pianist hatten schnell die Herzen ihrers Publikums erobert. "Ich habe heute den Sexappeal eines beigefarbenen Tischstaubsaugers und die Ausstrahlung einer kaputten Glühbirne", singt Christiane Weber wehleidig ins Mikro und bringt den vollen Saal zu großem Gelächter.

Launenwechsel: Erst zynisch, dann sanft und zart

Kaum kann man es glauben, als dieselbe Frau, die gerade noch mit zynischer harter Stimme klagte, dann mit emotionsgeladenen, sanften und zarten Klängen von der Schönheit der Liebe singt. "Geh’ leben mein Engel", haucht sie voller Sehnsucht. Und doch kommt es meist anders als man denkt: So haben Beckmann und Weber keine Skrupel, auch die romantischste Schmusestimmung urplötzlich zu unterbrechen.

Die zahlreichen Seitenhiebe und Frontalattacken ihres Pianisten weiß die Sängerin auf komische Art geschickt zu kontern. "Wissen Sie, was diese Frau hat?", wendet sich Beckmann entrüstet ans Publikum. "Ein Skateboard. Aber nein - sie fährt damit nicht - sie benutzt es, um ihre Einkaufstaschen zu ziehen."

Sie schlagen Haken, zoffen sich, lieben sich, verraten ulkigste Geheimnisse voneinander - und doch: Spätestens bei dem wunderschönen Klavierspiel und der melodischen Stimme sind sie wieder eins: das perfekte Paar - für die Bühne geschaffen.

"Warum verliebe ich mich ausgerechnet immer in die, die ich nicht kriegen kann", singt Christiane Weber. Nach kurzem Überlegen jedoch ist sie sich des Sinns sicher: Berufsrisiko - worüber sollte sie sonst auch singen. Schließlich füllt Harmonie nie einen ganzen Abend.