Neviges/Tönisheide: Störfall schreckt Bürger auf

Chemieunfall: Ernsthaft zu Schaden kam in Velbert durch den Chemikalien-Störfall bei Ashland offenbar niemand. Doch der Vorfall hat viele beunruhigt.

Neviges/Tönisheide. Stundenlange Warndurchsagen in Tönisheide, alarmierende Aussagen zur Gefährlichkeit des ausgetretenen Stoffes - der Chemieunfall am Montag bei der Wülfrather Firma Ashland hat viele Bürger beunruhigt.

Gestern wurde die Velberter Feuerwehr nochmals nach Neviges zum Bereich Pöthen/Krumbeckstraße gerufen, der unterhalb des vom Störfall betroffenen Gewerbegebiets Kocherscheidt liegt. Anwohner waren beunruhigt durch den unangenehmen Geruch, der in der Luft lag. Quelle des Gestanks war nach Angaben der Wehr jedoch eindeutig Gülle.

Unverständnis löste bei vielen Nevigesern auch die Tatsache aus, dass am Montag im Radio der Wallfahrtsort als Gefährdungsgebiet genannt wurde, die Feuerwehr jedoch nur Durchsagen in Tönisheide machte. "Uns hat keiner informiert, dabei sind wir doch ganz in der Nähe des Gewerbegebiets", kritisierte beispielsweise Janette Steinmetz, die auf den Pöthen wohnt.

Fakt ist: Die Polizei, die die Information der Medien übernommen hatte, gab nach dem Chemieunfall um 13.44 Uhr auch den Hinweis für Nevigeser Anwohner weiter, vorsorglich Türen und Fenster geschlossen zu halten. Die Velberter Feuerwehr wurde von ihrer Kreisleitstelle allerdings nur aufgefordert, in Tönisheide Warnmeldungen durchzugeben, so Wolfgang Kreggenwinkel: "Die Wolke ist aufgrund des Windes in Richtung Nordost, also Tönisheide und weiter Richtung Hattingen und Bochum gezogen", erklärte der Wehrleiter.

Für Neviges habe es daher keine Notwendigkeit zu Warnungen gegeben. In Tönisheide habe man - wiederum nach Anweisung der Kreisleitstelle - die Durchsagen eingestellt, als Kontrollmessungen des Landesumweltamtes am Nachmittag jede Gesundheitsgefährdung ausgeschlossen hätten.

Es wurde zu spät informiert - und dann mangelhaft, lautet die oft geäußerte Kritik. So erfuhr beispielsweise auch die Realschule Tönisheide erst gegen 13Uhr offiziell von der Stadt, dass sie die Schüler im Gebäude halten sollte. "Vorher hatten wir nur informell mitbekommen, dass etwas passiert war - wussten aber nicht genau, was und in welchem Umfang", sagte Schulleiter Peter Gembach.

Zur großen Pause um 11.30 Uhr waren die Kinder noch draußen auf dem Schulhof gewesen. "Ich habe aber keine Rückmeldung erhalten, dass es physische Beeinträchtigungen gegeben hätte", so Gembach. Die Eltern holten ihre Kinder am Montagnachmittag nach und nach ab, einige wurden von der Feuerwehr nach Hause gebracht. "Insgesamt haben wir die Situation ganz gut gemeistert. Bis 16Uhr war die Schule geräumt, ohne dass es ernsthafte Probleme gegeben hätte", bilanzierte der Schulleiter.

Die Velberter Feuerwehrleute, die direkt in Kocherscheidt eingesetzt waren, haben nach Angaben von Wolfgang Kreggenwinkel ebenfalls keine Schäden davongetragen. "Die drei, die sich behandeln lassen mussten, waren am Abend schon wieder im Dienst."

Stadtverwaltung und Feuerwehr wollen das Geschehen nun grundsätzlich aufarbeiten und klären, wie es zu den Kommunikationsproblemen kommen konnte und wie sie künftig abgestellt werden können. "Das wird sehr umfangreich sein, eventuell müssen auch Notfallpläne überarbeitet werden", sagte Stadtsprecher Hans-Joachim Blißenbach.