Ratingen: Beitragsfreiheit auf der Kippe

Im Haushalt wird mit einem Minus von fünf Millionen Euro gerechnet. Auch in den nächsten Jahren wird es eng. Die Stadtämter sollen fünf Prozent sparen.

Ratingen. Kann sich die Stadt in Zukunft so ehrgeizige Vorhaben wie Beitragsfreiheit für Kindergärten überhaupt noch leisten? Angesichts der Entwicklung der Finanzen scheint das fraglich. Schon beim Beschluss im April war der Rat gespalten: BU und Linke wollten generelle Beitragsfreiheit, die SPD sah nur Spielraum für eine eingeschränkte Gebührenbefreiung, die CDU hielt sie für nicht verantwortbar.

Die Mehrheit beschloss, dass ab 1.August die Beiträge für jene Eltern abgeschafft werden, deren Jahreseinkommen unter 24 540 Euro liegt. Das lässt sich die Stadt rund 90 000 Euro im Jahr kosten.

Eine völlige Beitragsbefreiung würde dem Kämmerer jetzt schwer im Magen liegen. Dafür wären 2,7 Millionen Euro nötig - und ein ausgeglichener Ergebnisplan. Nachdem SPD und CDU hinsichtlich der Einnahmen ganz dunkle Wolken über der Stadt heraufziehen sahen, sollte er im Hauptausschuss noch einmal alle Zahlen auf den Tisch legen: Gewerbesteuereinnahmen, Rückzahlungsrisiken, Finanzplanung ab 2010.

Stadtkämmerer Klaus-Konrad Pesch griff zum großen Wolkenschieber und präsentierte sowohl die längst bekannten, als auch die aktuellsten Daten. "Es ist alles weniger aufregend als in anderen Kommunen", relativierte er vorab. Allerdings sind auch in Ratingen die fetten Zeiten vorbei, was vorhersehbar war.

Die Ende März erwarteten Gewerbesteuereinnahmen von 115 Millionen Euro bleiben ein Wunschtraum. Von Juni bis jetzt schwankte die Summe zwischen 108 und 112 Millionen, aktueller Stand: 110 Millionen. Pesch selbst glaubt nicht, dass die angepeilten 115 Millionen noch erreicht werden.

Dazu kämen Rückzahlungsrisiken von rund zehn Millionen Euro, die aber nicht ins Haushaltsergebnis 2009 einschlagen werden. Dieses Minus müsse die Stadt auch in den Jahren ab 2010 jeweils einkalkulieren. Im Endeffekt rechnet Pesch für den Haushaltsansatz mit einem Defizit von fünf bis sechs Millionen Euro.

Mit Aussagen zur mittelfristigen Finanzplanung hielt Pesch sich zurück. "Ich kenne den Finanzbedarf des Kreises nicht." Der Kämmerer befürchtet allerdings, dass der Gewerbesteueransatz von 110 Millionen Euro "nach unten korrigiert" werden muss. "Die Konsolidierungskommission wird mit zehn oder 15 Millionen Defizit starten."

Christian Wiglow (SPD) sah weitere Defizite voraus - etwa durch die doppelt so teure Sanierung der Sporthalle West. Die Stadt werde "erstmals unter die Null-Linie" rutschen.

Gerold Fahr (CDU) wies darauf hin, dass zehn Millionen Minus in Ratingen kein Standard sein dürfe, die Stadt wäre seit Jahren immer im Plus gewesen. Angesichts der "Kaffeesatzleserei" (Lothar Diehl) platzte auch Bürgermeister Harald Birkenkamp der Kragen: "Zum Vergleich: Mettmann rechnet mit 2,3 Millionen Gewerbesteuer. Auf welchem Niveau diskutieren wir hier eigentlich?"

Und was passiere bei einem Fünf-Millionen-Minus? "Die nehmen wir aus der Ausgleichsrücklage, dafür ist sie da." Der Rat müsse aber auch bereit sein, über bereits Beschlossenes noch einmal nachzudenken. Auch Kämmerer Pesch sieht Handlungsbedarf: Die Stadtämter sollen bei der Erstellung ihrer neuen Budgets vorweg fünf Prozent einsparen, bisher galt die "schwarze Null".