Ratingen: Finanzpolster wird dünn

Im Haushalt wird mit einem Minus von fünf Millionen Euro gerechnet. Kostenlose Kindergärten auf der Kippe?

Ratingen. Wie sieht die Finanzlage der Stadt Ratingen wirklich aus? Kann sich die Stadt in Zukunft so ehrgeizige Vorhaben wie Beitragsfreiheit für Kindergärten überhaupt noch leisten?

Nachdem SPD und auch CDU hinsichtlich der Einnahmen ganz dunkle Wolken über der Stadt heraufziehen sahen, sollten im Hauptausschuss gestern noch einmal alle Zahlen auf den Tisch: Gewerbesteuereinnnahmen, Rückzahlungsrisiken, Finanzplanung ab 2010.

Stadtkämmerer Klaus-Konrad Pesch griff dann zum großen Wolkenschieber und präsentierte sowohl die längst bekannten, als auch die aktuellsten Daten. "Es ist alles weniger aufregend als in anderen Kommunen", relativierte er vorab. Tatsache ist, dass auch in Ratingen die fetten Zeiten vorbei sind, was allerdings vorhersehbar war.

Die Ende März erwarteten Gewerbesteuereinnahmen von 115 Millionen Euro bleiben ein Wunschtraum. Von Juni bis jetzt schwankte die Summe zwischen 108 und 112 Millionen, aktueller Stand: 110 Millionen. Pesch: "Ich glaube nicht, dass wir die angepeilten 115 Millionen erreichen werden, selbst wenn das Wirtschaftsklima wieder freundlicher wird."

Dazu kämen Rückzahlungsrisiken in einer Größenordnung von rund zehn Millionen Euro, die man "im Hinterkopf" behalten müsse, die aber nicht ins Haushaltsergebnis 2009 einschlagen werden. Und dieses Minus müsse die Stadt auch in den Jahren ab 2010 jeweils einkalkulieren. Im Endeffekt rechnet Pesch für den aktuellen Haushaltsansatz mit einem Defizit von fünf bis sechs Millionen Euro.

Mit Aussagen zur mittelfristigen Finanzplanung hielt Pesch sich zurück. "Ich kenne den Finanzbedarf des Kreises nicht." Der Kämmerer befürchtet allerdings, dass der Gewerbesteueransatz von 110 Millionen Euro "nach unten korrigiert" werden muss. "Die Konsolidierungskommission wird mit einem Defizit von zehn oder 15 Millionen starten." Aus seiner Sicht wäre eine Beitragsfreiheit für Kindergärten derzeit nicht tragbar.

Christian Wiglow (SPD) sah weitere Defizite voraus - etwa durch die doppelt so teure Sanierung der Sporthalle West. In in diesem Jahr werde die Stadt "erstmals unter die Null-Linie" rutschen. Die kostenlosen Kindergartenplätze seien nur für den Fall eines ausgeglichenen Ergebnisplanes beschlossen worden.

Gerold Fahr (CDU) wies daraufhin, dass zehn Millionen Minus in Ratingen kein Standard sein dürfe, die Stadt wäre immer immer Plus gewesen. Angesichts der "Kaffeesatzleserei" (Lothar Diehl) platzte auch Bürgermeister Harald Birkenkamp der Kragen: "Zum Vergleich: Mettmann rechnet mit 2,3 Millionen Gewerbesteuer. Auf welchem Niveau diskutieren wir hier eigentlich?"

Transparentere Zahlen als die von Pesch könne es gar nicht geben. Und was passiere bei einem Fünf-Millionen-Minus? "Die nehmen wir aus der Ausgleichrücklage, dafür ist sie da." Der Rat müsse aber auch bereit sein, über bereits Beschlossenes noch einmal nachzudenken. Auch der Kämmerer sieht Handlungsbedarf: Die Stadtämter sollen bei der Erstellung ihrer Budgets vorweg fünf Prozent einsparen.