Ratingen: „Düsseldorf ist die Hölle“

Das dritte Adventswochenende gilt als umsatzstärkstes im Jahr. In Ratingen bleibt es gemütlich.

Ratingen. Das dritte Adventswochenende ist für die Einzelhändler ein bisschen wie sechs Richtige im Lotto: Es zählt zu den umsatzstärksten im ganzen Jahr. Kann auch die eher kleine Ratinger Innenstadt mit ihrem überschaubaren Sortiment davon profitieren, oder erliegen die Kauflustigen dem Ruf des grenzenlosen Shoppings im bis zur Schmerzgrenze aufgemotzten Lichterglanz der großen Nachbarstädte Düsseldorf und Essen? Klare Antwort: Ja, Ratingen kann.

Erst recht, wenn auch am Sonntag die Geschäfte geöffnet haben. Dazu kam das erste richtige Winterwetter mit Kälte und Sonnenschein, das zum Bummeln und Einkaufen lockte.

Entsprechend gut besucht war die Ratinger Innenstadt. Die Straßen und Geschäfte waren voll, es herrschte aber kein Gedränge. Auffallend viele Familien nutzten der verkaufsoffenen Sonntag zum gemütlichen Einkauf. Denn anders als in den benachbarten Großstädten wird in der Ratinger Fußgängerzone ein Kinderwagen nicht zum Hemmschuh. Und auch Senioren müssen nicht befürchten, im Gedränge und Geschiebe unterzugehen.

"Ich bin Ratingerin, also kaufe ich auch hier ein", erklärte Elke Kasper. Nach Düsseldorf gehe sie eigentlich gar nicht oder nur ganz selten. "Hier bekomme ich doch alles, was ich brauche", sagte sie zufrieden. "Düsseldorf ist die Hölle - viel zu voll, viel zu laut.

Das ist nicht mehr lustig", brachte Regina Cyrol ihre Entscheidung, in Ratingen einkaufen zu gehen, auf den Punkt. "Hier können wir zu Fuß in die Innenstadt, brauchen keinen Parkplatz, sparen uns den ganzen Stress", ergänzte ihr Begleiter Frank Wasse, der die eineinhalbjährige Katharina im Kinderwagen über die Oberstraße schob.

Das würde in Düsseldorf so nicht gehen. Und hier gebe es auch keine langen Schlangen an den Kassen. "Warum sollten wir nach Düsseldorf? Im Wesentlichen bekommen wir doch alles hier", sagte Regina Cyrol und zeigte auf die vollen Tragetaschen.

Auch Horst Willems hat keine Probleme, in Ratingen fündig zu werden. "Ich kaufe hier ein, weil ich hier wohne - ganz einfach. Außerdem habe ich keine Zeit und keine Lust, nach Düsseldorf zu fahren. Das ist mir viel zu viel Stress." Passende Geschenke zu finden, auch für Sohn Maurice (11), habe er nicht. "Das ist hier schon ganz o.k.", betonte er.

Auch das frühere Prinzenpaar Hildegard und Wolfgang Scholz bummelte am Sonntag durch die City. "Unsere Devise ist, erst einmal in Ratingen gucken. Wenn wir hier nichts finden, weichen wir in die Großstädte aus."

Dass es sich in Ratingen stressfrei und gemütlich einkaufen lässt, scheint sich herumgesprochen zu haben. Allein in der Rathaus-Tiefgarage standen am Sonntagnachmittag nicht weniger als zwei Dutzend Autos mit Düsseldorfer Kennzeichen, daneben etliche aus Essen und sogar vier aus den Niederlanden.

"Ich bin gerne hier und kaufe auch gerne hier ein", sagte Karl Eties - Düsseldorfer. "Düsseldorf ist mir einfach zu voll. Hier geht es ruhiger zu." Früher habe es allerdings eine noch größere Auswahl an Geschäften gegeben. Viele gute Ratinger Läden gebe es nicht mehr.

Ein gutes Geschäft machten am Sonntag aber nicht nur die Händler, sondern auch der zehnjährige Alex. Er stand mit klammen Fingern und Weihnachtsmannmütze vor dem Hotel Altenkamp, und blies Weihnachtslieder auf der Trompete.

Im Instrumentenkasten klimperten üppig die Münzen der Passanten. "70 Euro" sei bislang sein bester Tagesverdienst gewesen, verriet Alex. Wobei sein Tag nach etwa 20 Minuten endet - dann sind die Finger zu steif.