Ratingen: Hörprobe für den Landesvater
Jürgen Rüttgers besucht heute die Liebfrauenschule, die ihre Musikpädagogik präsentiert.
Ratingen. Dienstag, 10.05 Uhr: Das Schulorchester der Liebfrauenschule stimmt den Radetzky-Marsch an. 10.20 Uhr: Die Klasse 5b spielt "Freude schöner Götterfunken", um 10.30 Uhr folgt ein Flötenquartett, dann die Schulband, um 10.45 legt das Orchester noch Bolero nach. Was wie ein Schulkonzert an wechselnden Spielorten aussieht ist vor allem für zwei Ohren bestimmt: Die des Ministerpräsidenten Jürgen Rüttgers. Der ist heute zu Gast in Ratingen, um sich einen Eindruck vom Musikschwerpunkt an der Liebfrauenschule zu machen.
Die hat sich nämlich schon vor 49 Jahren auf die Fahnen geschrieben, was die Landesregierung seit dem vergangenen Jahr probiert: Mehr Musikunterricht für alle Schüler. Schulleiter Johannes Steggers freut sich besonders auf das Vorspiel der Fünftklässler vor dem Landesvater. "Da zeigt sich besonders gut, was musikalische Erziehung an unserer Schule bedeutet." Erst spielt die Klasse geschlossen auf Blockflöten - dieses Instrument lernt jede der Schülerinnen, danach wird das gleiche Lied mit Streichern und Bläsern fortgesetzt. "Viele entscheiden sich nämlich später für ein zweites Instrument", stellt Steggers fest.
Dabei geht es nicht vordergründig darum, den Schülerinnen Noten und Fingerfertigkeit zu vermitteln. Vielmehr sollen sie Teamgeist lernen, Verantwortungsbewusstsein und viele andere Tugenden. "Das hat letztlich auch wieder Auswirkungen auf die Lernbereitschaft", meint Steggers. Wer ein Instrument lernt, hat die besseren Noten. Oder, wie der Schulleiter heute dem Ministerpräsidenten verraten wird: "Nicht die Worte sind entscheidend, sondern die Töne."
Was Rüttgers in der einen Stunde an der Liebfrauenschule vielleicht nicht erfährt: Ratingen hat in Sachen musikalischer Förderung noch mehr zu bieten. Die Käthe-Kollwitz-Schule hat in diesem Jahr eine eigene Bläser-Klasse eingerichtet, in der ein ganzer Klassenverband zum Blasorchester wird (WZ berichtete).
Ab dem kommenden Schuljahr greift außerdem eine Kooperation der Musikschule mit der Anne-Frank- und der Christian-Morgenstern-Grundschule. Dort werden bald alle Erstklässler mit verschiedenen Instrumenten vertraut gemacht. Die Idee stammt aus Monheim und ähnelt stark dem Landesprogramm "Jedem Kind ein Instrument": Über die Fördervereine der Schulen wurden ganze Klassensätze an Instrumenten gekauft. In insgesamt vier Gruppen werden den Schülern dann die Instrumentengattungen gezeigt, ein paar Wochen die Streichinstrumente, dann sind die Holzbläser dran, die Blechbläser, Tasten und Schlaginstrument. "Das ist nicht mit Instrumentalunterricht zu verwechseln", sagt Musikschulleiter Paul Sevenich, "aber die Kinder werden ein Jahr lang sehr hautnah informiert - und das kostenlos." Im zweiten Jahr können sie dann freiwillig - aber kostenpflichtig - weitermachen und in Kleingruppen an ihrer Schule richtig musizieren lernen.
Dass dieses Angebot wahrscheinlich von vielen wahrgenommen wird, weiß Johannes Steggers. An seiner Schule beteiligt sich ein Drittel der Mädchen an einem der freiwilligen Angebote, wie Chor oder Orchester.