Ratingen: Rathaus - Neues Bürgervotum möglich
Landrat rückt das Rechtsgutachten der Stadt zurecht: Der aktuelle Entscheid ist bindend.
<strong>Ratingen. Von wegen, der Bürgerentscheid gegen den Rathausabriss hätte keine Bindungswirkung und es dürfe kein neuer Bürgerentscheid auf Initiative des Rates durchgeführt werden. In seiner lange erwarteten Stellungnahme als Aufsichtsbehörde vertritt Landrat Thomas Hendele die Auffassung, dass der Bürgerentscheid vom 3. Juli 2005 durchaus bindend ist - bis Juli diesen Jahres. Und innerhalb dieser Frist hält der Landrat auch einen vom Stadtrat initiierten Bürgerentscheid für die Szenarien 2 und drei der aktuellen Ratsvorlage für zulässig. Zur Erinnerung: Szenario 2 sieht einen Rathausneubau an der Stadthalle vor, Szenario 3 die Splitlösung: Neubau am Stadionring/Krumbachskothen sowie Rathaus Mitte. Szenario 1 wäre die Sanierung des bestehenden Gebäudes.
Stadtrat hat den Bürgerentscheid für erfolgreich erklärt
Bei der Vorstellung der drei denkbaren Szenarien hatte Bürgermeister Harald Birkenkamp mitgeteilt, dass nach einem Rechtsgutachten der Verwaltung der von FDP, Grünen und Ratinger Linke initiierte Bürgerentscheid wegen seiner falschen Fragestellung (für einen Erfolg des Begehrens hätte angeblich mit "Ja" geantwortet werden müssen) keine Bindungswirkung habe. Er habe lediglich den damaligen Ratsbeschluss für Abriss und Neubau aufgehoben, aber weder einen Sanierungsauftrag enthalten noch eine andere Neubauplanung ausgeschlossen. Deshalb könne der Rat auch keinen neuen Entscheid anstoßen, weil die rechtlichen Voraussetzungen fehlen. Birkenkamp und sein Rechtsamt bezogen sich auf ein Urteil des Verwaltungsgerichts Minden, das ein Bürgerbegehren wegen einer falschen Fragestellung als unzulässig bewertet hatte.
Hendele stellt dagegen fest: "Eine derart rechtstheoretische Betrachtung ist in dieser Absolutheit problematisch", zumal die Mindener Richter ausschließlich über die Zulässigkeit eines Bürgerbegehrens zu entscheiden hatten. Hendele erinnert außerdem daran, dass der Ratinger Stadtrat mit seinen Beschlüssen das Bürgerbegehren für zulässig, und später auch den Bürgerentscheid als erfolgreich erklärt hatte. Der Bürgerentscheid sei auch als verbindliche Entscheidung für das weitere Vorgehen in Sachen "Rathausneubau" anerkannt gewesen.
Die Aussage des internen Rechtsgutachten der Verwaltung, dass das "Nein" zu der gestellten Frage keine Bindungswirkung entfalte, sei "zu weitgehend". Stattdessen wäre es grundsätzlich zulässig, einen neuen Bürgerentscheid innerhalb der Sperrfrist bis Juli 2007 zu initiieren. Hendele: Alle Beschlüsse, die den Abriss des alten Rathauses und einen Neubau für mehr als 24 Millionen Euro zum Gegenstand haben, unterlägen der Gemeindeordnung und könnten somit Gegenstand eines vom Rat initiierten Bürgerentscheids sein.
Horst Becker (FDP): Es ist nicht nachvollziehbar, warum die Stellungnahme zu dem Rechtsgutachten vier Monate gedauert hat. Dass der Bürgerentscheid nach wie vor bindend ist, ist fast ein Pyrrhussieg. Die Bürger sind sauer und verunsichert, deshalb ist es auch fraglich, ob bei einem neuen Bürgerentscheid noch genügend Leute abstimmen werden.
Felix Gorris (Grüne): Es ist schon grenzwertig, wenn die Verwaltung mehr als ein Jahr nach der ausdrücklichen Anerkennung des Bürgerentscheides um die Ecke kommt, und behauptet, er sei nicht gültig und bindend. Angesichts der hohe Kostendifferenz zwischen Sanierung und Neubau hoffen wir weiter auf die Vernunft der Parteien.
Manfred Evers (Ratinger Linke): Es ist ein schwacher Trost, dass der bestehende Bürgerentscheid voll in Ordnung ist - leider nicht mehr lange. Er hätte einfach umgesetzt werden müssen. Ich bezweifle, dass man die Leute zu einem neuen Entscheid motivieren kann. Das ganze Hickhack hat zu einer üblen Demokratiemüdigkeit geführt.