Ratinger Feuerwehr: Keine Chance bei Höhenangst
Die Ratinger Berufsfeuerwehr sucht vier Brandmeisteranwärter. Beim Fitnesstest geht es 30 Meter die Drehleiter hinauf.
Ratingen. Allein der Blick von unten reicht, damit sich die Nackenhaare sträuben. In schwindelerregenden 30 Metern Höhe ist das Ende der Drehleiter nur noch zu erahnen.
Von dem winzig kleinen Männlein, das da oben gerade inne hält und irgendwie an seinen Gurten herumzubbelt, ganz zu schweigen. Jede Windböe scheint das labile Gestell in sich hineinzusaugen, das Schaukeln des stählernen Ungetüms ist jedenfalls deutlich zu erkennen.
Allmählich wird das Männlein größer. Behutsam, aber keinesfalls langsam schreitet es eine Sprösse nach der anderen nach unten, die Hände haben dabei alles fest im Griff. 25, 20, 15, 10 - noch ein paar Meter, dann ist es geschafft, dann hat Michael Schneider
wieder festen Boden unter den Füßen. Ein klein wenig noch außer Puste, ansonsten aber topfit pellt er sich aus dem Sicherungsgeschirr.
"War schon ein bisschen wackelig", gibt der 21-Jährige zu. Aber Muffe vor diesem Himmelfahrtsk kommando? Keine Spur.
Höhenangst? Nie gehabt. "Schließlich komme ich vom Bau, bin gelernter Zimmermann."
Der Monheimer ist wie 38andere Mitstreiter auch gestern nach Ratingen gekommen, um sich um einen der vier Posten zum Brandmeisteranwärter zu bewerben.
In seiner Heimatstadt dient er bereits bei der Freiwilligen Feuerwehr, will nun aber den Sprung ins Profigeschäft wagen.
Dann ist Patrick Schulz an der Reihe. Der 20-jährige Duisburger ist eigentlich Mechatroniker bei der Bahn, will auf Feuerwehrmann umschulen. Dass er seine Premiere feiert, ist ihm nicht anzumerken.
Nach wenigen Sprossen hat er den Rhythmus gefunden, geht seinen persönlichen Takt. "Das ist mit das Wichtigste", erklärt Brandamtmann Erik Heulmann, der das Ganze vom Boden aus beobachtet und bewertet.
"Ich schaue, welchen Eindruck die Leute in der Leiter machen. Sind sie sicher, oder steigt die Unsicherheit, je höher es hin-aufgeht?"
Oben am Korb angekommen, legt Patrick Schulz eine kurze Pause ein. "Das ist so gewollt", meint Heulmann. "Zum einen müssen die Jungs verschnaufen, zum anderen will ich sehen, wie sie mit der Höhe umgehen."
Mit Patrick Schulz ist Heulmann übrigens genauso zufrieden wie mit dem Rest der Truppe, den er bisher gesehen hat.
Dazu gehört auch die 27-jährige Anke Weschollek aus Gelsenkirchen. Sie ist eine von drei jungen Frauen, die sich beworben haben. "Früher war ich Kauffrau im Gesundheitswesen, dann habe ich mein Herz für die Feuerwehr entdeckt.
Dieser Job ist an Abwechslung nicht zu überbieten." Als Rettungsassistentin in Wuppertal schnupperte sie in den vergangenen Jahren erste Einsatz-Luft - und war sofort begeistert.
Ein Jahr lang hat sie sich auf diesen Tag vorbereitet - mit Laufen, Fitness- und Konzentrationsübungen. Schließlich war das Erklimmen der Drehleiter nur der Einstieg zu dem zweitägigen Einstellungstest.
"Das hier sieht zwar spektakulär aus, ist aber eigentlich die einfachste Disziplin", betont Erik Heulmann, in seiner Freizeit übrigens passionierter Bergsteiger.
"Mit Höhenangst geht natürlich gar nichts. Aber wessen Psyche gefestigt ist, der hat damit keine Probleme."
Die Spreu vom Weizen trenne sich erst danach, wenn es an die sportliche Belastbarkeit geht. So etwa müssen die 3000 Meter bei den Männern unter 15 und bei den Frauen unter 17 Minuten gelaufen werden.
Bei der Sprint-Distanz über 50 Meter stehen 7,3 beziehungsweise 8,0 Sekunden zu Buche. "Beliebt" sind auch das "Zirkeltraining" in der Turnhalle, bei dem über Hindernisse geklettert und durch Kastenteile gekrochen werden muss, ehe es am Seil bis unter die Decke geht.
Schwimmen und diverse Geschicklichkeitsübungen runden das Ganze ab.
Damit nicht genug, geht es für die Kandidaten heute mit dem theoretischen Teil weiter. Vom Fachwissen bis zur Allgemeinbildung ist dabei alles gefragt. Ein Gesundheitscheck rundet das Ganze schließlich ab.
Erst, wer unterm Strich die besten Bewertungen erhält, hat die Chance auf den begehrten Job.
Und nicht zuletzt die Aussicht, das Abenteuer Drehleiter im richtigen Einsatz eine Spur härter zu erleben.