Reiserücktritt: Bauchgefühl zählt nicht
Nach dem Putschversuch in der Türkei stornierten auch in Wülfrath einige Familien ihren Badeurlaub an der Riviera. Kostenlos geht das aber nur bei kulanten Veranstaltern.
Wülfrath. Das Thema Angst ist relativ neu im Reisebüro. Jennifer Bögge aus dem Wülfrather Reisebüro sagt: „Erst in den jüngsten zwei Jahren sprechen wir immer häufiger mit Kunden darüber.“ Ägypten und Tunesien sind klassische Reiseziele, die zwar in den Hochglanzprospekten der Veranstalter auftauchen, aber die gerade von Familien immer häufiger gemieden werden.
Nach dem jüngsten Militärputsch-Versuch in der Türkei steht das Land nun ganz aktuell bei einigen Wülfrather Urlaubern auf der roten Liste. „Es gab einige Fälle, in denen Kunden jetzt umbuchen wollten“, berichtet Bögge. Schon seit Anfang des Jahres habe es bereits vermehrt Türkei-Stornierungen gegeben.
Doch die Vorstellung einiger Reisender, dass sie automatisch die Kosten für ihren gebuchten Urlaub erstattet bekommen, deckt sich nicht mit der rechtlichen Lage. Jennifer Bögge weiß: „Die meisten Veranstalter lassen Kunden mit Anreise bis zum 31. Juli trotzdem stornieren.“ Wer eine spätere Reise nicht mehr antreten möchte, muss mit Gebühren rechnen oder auf weitere Kulanz der Veranstalter hoffen. Wenn es um einen klassischen Badeurlaub geht, wird die Verhandlungsbasis schlechter, weil am Mittelmeer die Lage ruhig ist. Das Auswärtige Amt rät lediglich Reisenden, die nach Ankara oder Istanbul wollen, bis zur Klärung der politischen Lage zu äußerster Vorsicht. Dies gelte insbesondere auf öffentlichen Plätzen für Menschenansammlungen. Jennifer Bögge sagt: „Wer einen Städtetrip nach Istanbul gebucht hat, kann ohne Probleme stornieren.“
Viele entscheiden sich lieber für ein anderes Ziel. Allerdings: Mittlerweile sind gerade die günstigen Alternativen für den Sommer rar geworden. „Wir konnten viele noch auf Mallorca unterbringen“, berichtet Bögge. Der Preisunterschied sei aber bemerkbar. „Das günstigste Reiseziel für den Sommerurlaub ist eben momentan die Türkei“, sagt die Expertin.
Andreas Adelberger, Leiter der Velberter Verbraucherzentrale, rät den Kunden dazu, sich klar zu machen, dass sie keinen Rechtsanspruch auf eine kostenlose Stornierung oder Umbuchung haben. Sein Tipp: „Der Ton macht die Musik.“ Er empfehle Betroffenen, in einer positiven Art und Weise mit dem Reiseveranstalter Kontakt aufzunehmen, in Ruhe die Sorgen zu schildern und gemeinsam nach einer Lösung zu suchen.
„Gerade weil es hier um Kulanz geht, würde ich von der Holzhammermethode abraten“, sagt Adelberger. Wer unsicher ist und die Reise noch vor sich hat, kann sich in der Verbraucherzentrale in Velbert, Friedrichstraße 107, anwaltlich zu seinen Reiserechten und Möglichkeiten im Einzelfall beraten lassen. Im Gegensatz zu den Vorfällen am Rande Europas, habe der jüngste Anschlag in Nizza bislang keine Auswirkungen im Wülfrather Reisebüro gehabt, so Bögge.
Auch nach der Anschlagsserie am 13. November in Paris, seien beispielsweise weiterhin Busreisen ins Nachbarland gebucht worden. Die Scheu vor dem Reiseziel Griechenland sei mittlerweile wieder so gut wie abgeklungen.