Velbert: Organspende - Ein Leben mit drei Herzen
"Ich hatte unglaubliches Glück", sagt Reiner Münter. In seiner Brust schlägt das dritte Herz – nach schwerem Infarkt und erfolglosen Bypass-Operationen bekam er zweimal Spenderorgane.
Velbert. Am 1. Oktober wird Reiner Münter 63 Jahre alt. Geburtstage feiern könnte er allerdings mehrfach im Jahr. Der Velberter lebt mit dem dritten Herzen - zweimal wurde ihm ein Spenderorgan eingesetzt.
1991 erlitt der Velberter einen schweren Herzinfarkt - die Quittung für viel Stress im Beruf als Leiter der Qualitätskontrolle in der Autoindustrie, aber auch für eine generell nicht gerade gesunde Lebensweise, wie er zugibt. Intensivstation, Koma - die Ärzte gaben ihm kaum noch eine Chance. "Aber ich wollte noch", sagt Münter. Monatelange Reha und zwei umfangreiche Bypass-Operationen folgten. Bei der zweiten, so erzählt er, habe schon festgestanden, dass ihn nur noch eine Transplantation retten könnte.
Es begann eine dreieinhalb Jahre lange Wartezeit. "Es ging mir ganz dreckig, ich konnte eigentlich nichts mehr machen, nur noch im Sessel sitzen. Es war kurz vor Toresschluss." Und trotzdem: "Als im Juli 1995 das Telefon klingelte und es hieß, dass ein Spenderherz da ist, hatte ich erstmal nur Panik." Binnen Minuten war ein Krankenwagen da, der ihn in die Herzklinik in Bad Oeynhausen brachte.
1998 dann der Schock: "Es wurde festgestellt, dass das neue Herz kaputtging. Die kleinen Kapillargefäße setzten sich zu." Doch Reiner Münter hatte "unglaubliches Glück": Innerhalb relativ kurzer Zeit bekam er ein zweites Spenderorgan. "Zweimal herztransplantiert sind nur ganz wenige. Dass es ein zweites Mal ein Organ gibt und man noch ausreichend gesund ist, damit die Operation Aussicht auf Erfolg hat, ist selten", weiß er. In der Klinik hat er diejenigen gesehen, die dieses Glück nicht hatten. "Viele hingen an der Maschine und es kam und kam kein Herz."
Seines schlägt jetzt seit 20. April 1998. Regelmäßige Untersuchungen beim Hausarzt und in der Klinik und 45 Tabletten täglich gehören zum Alltag des 62-Jährigen. Gesund ist er nicht. "Viel kann ich nicht machen, aber ich lebe. Und das versuche ich so normal wie möglich zu tun", sagt er. Auch wenn immer die Gefahr der plötzlichen Abstoßung droht und "Infekte mich gleich ins Krankenhaus schmeißen".
Denkt man darüber nach, woher das Herz kommt, was mit dem Spender passiert ist? "Manche tun das und werden depressiv darüber. Ich tue es ehrlich gesagt nicht. Derjenige ist gestorben ohne meine Schuld und hat sich freiwillig zur Spende entschlossen." Dass diese Bereitschaft ihm das Leben gerettet hat, ist Reiner Münter jedoch sehr bewusst. "Ich habe früher auch keinen Organspendeausweis gehabt, muss ich leider gestehen. Ich habe gar nicht über das Sterben nachgedacht."
Dass andere Scheu oder sogar Angst haben, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen, kann er verstehen. Dennoch unterstützt er wie der Bundesverband der Organtransplantierten die so genannte Widerspruchslösung, die beispielsweise in Österreich gilt: Jeder, der sich nicht ausdrücklich gegen eine Organspende ausspricht, ist automatisch Spender.
"Viele sagen, dass sie angeblich spenden würden, sind aber einfach zu bequem, sich einen Spenderausweis zu besorgen." Der Velberter hat jetzt einen - die Hornhaut der Augen zum Beispiel könnte er ja spenden.
Spendeausweis Organspendeausweise bekommt man bei Ärzten und in Apotheken. Laut Bundesverband der Organtransplantierten (BDO) sagen zwar 80 Prozent der Deutschen, dass sie spendewillig wären, aber nur zwölf Prozent haben einen ausgefüllten Ausweis. Jedes Jahr, so der BDO, sterben mehr als 1000 Menschen, weil nicht rechtzeitig ein Spenderorgan verfügbar ist.
Ausstellung Mit Kunst, Informationen und Gesprächen werben die BDO Regionalgruppe und mehrere Selbsthilfegruppen im "Organspende-Sommer" für das Thema. Die Wanderausstellung, die in dieser Woche im Velberter Rathaus Station machte, ist in der kommenden Woche in Wülfrath und danach in Haan (27.-31. August), Erkrath (3.-7. September) und Mettmann (10.-14. September) zu sehen. Auch dabei kann man einen Ausweis bekommen.