Wende bei den Flüchtlingszuweisungen

Die Stadt glaubt, dass aus den Notunterkünften des Landes bald kommunale Einrichtungen werden — eine finanzielle Blackbox für Velbert.

Foto: Simone Bahrmann

Velbert. Wenn Andreas Sauerwein vom Immobilienservice der Stadt zur aktuellen Flüchtlingsentwicklung spricht, ist das für die Zuhörer ähnlich spannend wie das Öffnen einer Wundertüte. So war es auch in der gestrigen Sitzung des Rates. Die überraschende Nachricht des Abends: Die Zahl der Landesflüchtlinge, die für die Erstaufnahme nach Velbert kommen, ist stark abgeebbt und die Stadt geht jetzt davon aus, dass sie bald Landesunterkünfte in städtische Unterkünfte umwandeln muss.

Was das finanziell bedeutet, kann derzeit ohne Glaskugel niemand sagen. Kämmerer Ansgar Bensch sprach von einer „Finanzierungslücke, die ich noch nicht genau benennen kann“. Fest stehe: „Das Land wird sich zurückziehen und die Kosten werden den Kommunen zur Last fallen.“

Die Entwicklung zeigt sich bereits in den beiden Landeseinrichtungen am Waldschlösschen und am Lindenkamp. Hier leben derzeit nur noch 60 Menschen. Die Krux daran: Die Flüchtlinge des Landes wurden der Stadt bei ihrer Zuweisungsquote angerechnet. Entschließt sich das Land dazu, die Erstaufnahmeeinrichtungen zu schließen, verliert die Stadt Velbert eine extern finanzierte Einrichtung und muss sich in gleichem Maße um zugewiesene Flüchtlinge kümmern.

Planerisch ist die Verwaltung schon wieder dabei, das Ruder erneut herumzureißen. Sauerwein präsentierte die geänderten Unterbringungspläne, die gestern dann direkt von der Ratsmehrheit beschlossen wurden. Die Idee, an der Deponie Industriestraße eine Leichtbauhalle für 1000 Flüchtlinge des Landes zu bauen, ist vom Tisch. Bürgermeister Dirk Lukrafka sagte: „Das Land hat keinen Bedarf mehr.“ Außerdem soll die Landeseinrichtung am Lindenkamp nicht mehr erweitert werden.

Zusätzlich drückt der Immobilienservice mit der Wobau bei dem Bestreben aufs Gas, möglichst viele Wohnungen für Flüchtlinge zu schaffen. Denn: Wohnungen sind für die Stadt die deutlich günstigere Variante zu kommunal betriebenen Hallen und Gebäuden.

Etwas Zeit zum Durchatmen ist da. Lukrafkas Brief ans Ministerium hat Gehör gefunden, so dass die Stadt in dieser und der vergangenen Woche keine Zuweisungen bekommen hat. Auch in den Weihnachtsferien sollen keine neuen Busse ankommen. Die Halle an der Panner Straße ist durch Umverteilungen bereits wieder frei, jedoch nicht freigegeben. Perspektivisch sollen die Landesflüchtlinge aus Sporthalle Waldschlößchen und Verwaltungsgebäude in die ehemalige Halle der Firma Yale am Lindenkamp ziehen. Dann könnte die Sporthalle frei werden und das Verwaltungsgebäude kommunale Flüchtlinge fassen.