Wülfrath: Die CDU will die Bürgermeisterin abwählen
Der Vorstand des Stadtverbandes fordert die Fraktion auf, das Verfahren einzuleiten – „mit allen Konsequenzen“. Andreas Seidler: „Das ist menschlich sehr hart, aber Barbara Lorenz-Allendorff ist der Situation und der Aufgabe nicht gewachsen.“
<strong>Wülfrath. "Die Verwaltung muss endlich wieder handlungs- und auskunftsunfähig werden. Der Rat muss seiner Aufgabe, Schaden von der Stadt abzuwenden, endlich gerecht werden", das fordert CDU-Stadtverbandsvorsitzender Andreas Seidler. Einstimmig hat der Parteivorstand daher beschlossen, die CDU-Fraktion aufzufordern "im Rat der Stadt eine Abwahl der Bürgermeisterin mit allen Konsequenzen zu beantragen". Das sei "menschlich sehr hart, aber Barbara Lorenz-Allendorff ist der Situation und der Aufgaben nicht gewachsen", sagt Seidler der WZ.
"Wir müssen mit dem politischen Rumeiern aufhören"
Der "Brandbrief" des Landrats, der Defizite in der Amtsführung von Bürgermeisterin Barbara Lorenz-Allendorff und wiederholte Kommunikationsprobleme belegte, gab den Ausschlag für die Union. "Wir sind mit der Maßgabe angetreten, den Bürgern die Wahrheit zu sagen, auch wenn sie unangenehm ist, wie beispielsweise beim Thema Stadthalle. Wir möchten mit dem politischen Rumeiern aufhören. Das sorgt für Politikverdrossenheit", so Seidler. Dazu gehöre auch das Eingeständnis: "Ja, liebe Wülfrather, die CDU hat sich in der Bürgermeisterfrage geirrt." Von Prinzip her halte man nur eine Ehe aufrecht, die uns nachweislich schadet und zum Scheitern verurteilt ist. Die Amtsführung der Bürgermeisterin habe sich seit 2006, als die Union erklärte, 2009 nicht wieder mit ihr antreten zu wollen, nicht verbessert, klagt Seidler und kritisiert ihr "typisch inkonsequentes Handeln". Und er räumt aber auch ein: "Wir sind 2006 auf halbem Weg stehen geblieben.""Ohne politische Vorbehalte aus der Krise"
Seidler weiß, dass diese CDU-Entscheidung "reichlich Zündstoff" beinhalte. "Aber die gewählten Volksvertreter aller Parteien müssen zeigen, wofür sie stehen. Ständige Kritik an der Bürgermeisterin ohne den Weg aus der Krise zu beschreiten, schadet nur dem Ansehen von uns allen." Deshalb setzt Seidler auf eine breite Unterstützung aus den anderen Fraktionen, "um Wülfrath gemeinsam und ohne politische Vorbehalte aus dieser Krise zu führen". Wird der Abwahl-Antrag gestellt, muss der Rat gemäß Gemeindeordnung entscheiden. Für den Abwahl-Beschluss ist eine Zwei-Drittel-Mehrheit bei namentlicher Abstimmung nötig. Danach müssten die wahlberechtigten Bürgern an die Urnen. Die Bürgermeisterin wäre abgewählt, wenn mindestens 25 Prozent zur Wahl gehen und mehrheitlich für Abwahl stimmen. Die Aufsichtsbehörde kann für die Dauer des Abwahlverfahrens anordnen - wenn das der Rat mit zwei Dritteln beantragt. Bürgermeisterin Lorenz-Allendorff hat auf dieses Vorgehen der CDU und eine Nachfrage der WZ bisher nicht reagiert. Heute wird sie nach dem Abbruch ihres Frankreich-Urlaubs wieder im Rathaus erwartet.Reaktionen aus der Politik
CDU "Die Sommerpause ist für uns längst erledigt", sagt CDU-Fraktionsvorsitzender Gerd Rammes, der seine Fraktion für die kommende Woche zur Sondersitzung zusammentrommeln will. Wenn man den Termindruck sehe, habe die Politik keine Zeit mehr. "Der Rat ist gefordert. Und er hat kaum Spielraum. Es geht um alles." Die Initiative der Partei werde er sofort in die Fraktion tragen.
SPD "Nach den Ereignissen der letzten Tage muss ich erst mit der Fraktion reden. Das ist alles sehr brisant", so Manfred Hoffmann. Für ihn sei aber klar, dass sich die CDU mit diesem "nachvollziehbaren Vorstoß politisch retten will". Und: "Es belegt aber auch den personalpolitischen Fehler bei der Kandidatenaufstellung."
DLW "Darüber muss die Fraktion erst reden", sagt Jürgen Hackenberg, der persönlich kein schuldhaftes Verhalten der Bürgermeisterin sieht. "Ihr Versäumnis: Sie schiebt nichts an. Das ist bei diesem Rat aber auch schwer."
Der Stadtverband der CDU hat Barbara Lorenz-Allendorff nominiert, der Stadtverband entzieht ihr das Vertrauen - und fordert nun die Parteifreunde im Rat auf, das Abwahlverfahren gegen die Bürgermeisterin einzuleiten. Es ist zu allererst das Eingeständnis, den Bürgern 2004 keinen geeigneten Kandidaten präsentiert zu haben. Dies einzuräumen ist mutig, aber auch von später Konsequenz. Eigentlich wäre dieser Schritt schon 2006 fällig gewesen, als sich Partei und Fraktion von der Bürgermeisterin lossagten.
Der Rat ist gefordert - ein Satz, der seit Jahren strapaziert wird. Bisher ist dieses Gremium in dieser Legislaturperiode nicht durch Stärke aufgefallen. Denn auch das ist Teil der Wülfrather Wahrheit: Die Politik hat Führung angesichts der Führungslosigkeit beansprucht, die sie bisher nicht vorgelebt hat. Der CDU-Vorstoß setzt vor allem erst einmal die eigene Fraktion unter Druck, das Verfahren tatsächlich einzuleiten. Und dann muss jeder Politiker Farbe bekennen. Über Jahre wurde hinter vorgehaltener Hand gemäkelt und kritisiert. Bei einer namentlichen Abstimmung geht das nicht mehr.
Ringt der Rat sich tatsächlich zu einem Abwahlbeschluss durch, müssen die Bürger an die Urnen - und mit ihrer Stimme nicht nur pro oder contra Lorenz-Allendorff abstimmen. Sie bewerten damit auch, wie Politik in Wülfrath ist, wie stichhaltig sie ihre Argumente vorgetragen hat. Und darin liegt das Risiko eines Abwahlverfahrens.