ZeltZeit in Ratingen: Nachwuchs mit Biss und Grips
Geschliffene Pointen und politischer Feinsinn – Schülerkabarett auf höchstem Niveau bot das erste Schülerkabarettfestival in NRW.
<strong>Ratingen. Bei so viel starkem Nachwuchs ist selbst Wilfried Schmickler begeistert - und der weiß, wovon er redet: Der Kabarettist (etwa bei den WDR Mitternachtsspitzen) präsentierte am Wochenende im Rahmen der ZeltZeit das erste Schülerkabarettfestival in NRW. Damit erfüllte sich zum zehnjährigen Jubiläum der ZeltZeit ein lang gehegter Wunsch der Organisatoren Heiner van Schwamen und Bruno Schmitz. Die Ratinger Jung-Kabarettisten "Westhäkchen" und vier weitere Gruppen aus der Umgebung spielten Ausschnitte aus ihren Programmen und zeigten , wie vielseitig ihr Genre doch sein kann.
Den Auftakt machte der "Kabarettungsdienst" aus Wuppertal. Die Truppe sah den wirtschaftlichen Aufschwung nicht nur auf Deutschland zukommen - er trat sogar höchst selbst auf und trällerte ein äußerst spitzes Lied gegen das momentane Credo "Nicht kaufen - konsumieren, nicht brauchen - verbrauchen!" Auch sonst gaben die Wuppertaler sich musikalisch und spielten - ganz im Stile Brechts - die "Ballade von der Durchlässigkeit" als Beitrag zur Bildungsdebatte.
Ganz anders ging es beim Kaiserswerther "Avocadomousse" zu. Mit ihrem grotesken Wortwitz erinnerten die Szenen bisweilen an Loriot oder Monty Python. Das war sehr gut gespielt und inszeniert, politischen Zündstoff suchte man allerdings vergeblich.
Das war eher das Gebiet von "Schillers Gallensteinen". Die Kölner widmeten sich in vielen Facetten dem Kampf der Kulturen, erklärten die islamische Weltanschauung, das iranische Atomprogramm und kamen zu überraschenden Erkenntnissen: "Die Chinesen haben genau so viele Menschenrechte wie die Deutschen, die verteilen sich nur auf mehr Leute." Bissig, respektlos und voller uriger Typen überzeugte der harte Konfrontationskurs der Gruppe.
Die Lokalmatadore von den "Westhäkchen" übten harsche Gesellschaftskritik, jedoch nicht ohne Selbstironie. In einer nicht allzu fernen Zukunft sahen sie weite Teile der Bevölkerung - "Hartz VIII"- Empfänger - in einer virtuellen Parallelwelt bei Laune gehalten, ähnlich wie im Science-Fiction-Reißer "Matrix", hier jedoch freiwillig.
Den Abschluss machten die Essener "Kettwichte", die mittels Einbürgerungstest einem Deutschen die Staatsbürgerschaft aufgrund mangelnden Grundwissens wieder aberkannten und eine Zukunft voraussahen, in der nicht mehr Neugeborene, sondern Rentner in der Tiefkühltruhe landen.
Eine Erkenntnis konnte das Publikum am Ende des Abends ganz sicher mit nach Hause nehmen: Um die Zukunft des Kabaretts muss man sich keine Sorgen mehr machen.