Neue Anlaufstelle im Kreis Viersen Meldestelle für Whistleblower

Kreis Viersen · Wer in der Verwaltung falsches Verhalten mitbekommt, kann es bald bei einer speziellen Stelle melden.

Die Kommunen mit mehr als 10 000 Einwohnern sind nach dem neuen Whistleblower-Gesetz verpflichtet, interne Meldestellen einzurichten. Im Kreis Viersen soll es eine interkommunale Lösung geben.

Foto: dpa/Bernd Weißbrod

Edward Snowden ist wohl der bekannteste Whistleblower der Welt. Er machte öffentlich, dass die USA seit spätestens 2007 in großem Umfang die Telekommunikation und insbesondere das Internet global und verdachtsunabhängig überwachen – und auch Bundeskanzler Gerhard Schröder und Bundeskanzlerin Angela Merkel abhörten. Die Veröffentlichungen führten zu einigen diplomatischen Verwerfungen – erstmals in ihrer Geschichte der Bundesrepublik bestellte die Bundesregierung den amerikanischen Botschafter ein – und einem Run auf Ende-zu-Ende-verschlüsselte Nachrichten-Apps. Und die Bundesregierung beschränkte Ausnahmen der im Grundgesetz verbrieften Grundrechte des Brief-, Post- und Fernmeldegeheimnisses.

Was können normale Menschen tun, denen am Arbeitsplatz auffällt, dass etwas nicht richtig gehandhabt wird? Wie können sie sicherstellen, dass sie nicht unter den Folgen leiden müssen, wenn sie dafür sorgen wollen, dass Fehlverhalten beendet wird?

Für Mitarbeiter in zahlreichen Gemeinde- und Stadtverwaltungen im Kreis Viersen soll es dafür ab 1. Mai eine neue Anlaufstelle geben. Am Donnerstag stimmte der Kreisausschuss einstimmig dafür, dass der Kreis Viersen mit den Gemeinden Brüggen, Grefrath, Niederkrüchten und Schwalmtal, den Städten Kempen, Nettetal und Tönisvorst sowie den Schwalmtalwerken öffentlich-rechtliche Vereinbarungen abschließt. Ziel: die Errichtung einer gemeinsamen internen Meldestelle. Am Dienstag steht das Thema auch in Nettetal auf der Tagesordnung. Die Stadt Viersen hat bereits eine eigene interne Meldestelle eingerichtet.

Zur Einrichtung von Meldestellen sind Kommunen verpflichtet. Im Juli 2023 hatte die Bundesregierung die EU-Whistleblower-Richtlinie mit dem Hinweisgeberschutzgesetz in nationales Recht gegossen und die Tatbestände erweitert, bei denen sich Mitarbeiter an die Meldestellen wenden können. „Ziel des Gesetzes ist insbesondere der verbesserte Schutz von hinweisgebenden Personen vor Benachteiligungen“, erklärt Landrat Andreas Coenen (CDU). „Sanktionen oder gar arbeitsrechtliche Konsequenzen dürfen den Hinweisgebern hieraus nicht erwachsen.“ Die Kreisverwaltung will die neue Meldestelle im Amt für Personal und Organisation im Bereich „Recht“ ansiedeln. Das Hinweisgeberschutzgesetz eröffne den Kommunen die Möglichkeit, einen Dritten mit der Wahrnehmung dieser Aufgaben zu betrauen, erklärt der Landrat. „Aufgrund des nur schwer kalkulierbaren Personalbedarfs für den Betrieb dieser Meldestelle bietet sich eine interkommunale Zusammenarbeit an“, findet er.

Und wie teuer wird die neue Meldestelle? Der Entwurf der öffentlich-rechtlichen Vereinbarung sieht eine Erstattung in Höhe von zehn Euro je Vollzeitmitarbeiter der jeweiligen Gemeinde- oder Stadtverwaltung im Vorjahr vor. „Auf diese Weise wird eine Überlastung teilnehmender Kommunen ausgeschlossen, die einen geringen Mitarbeiterstamm haben“, sagt Coenen. Die Stadt Nettetal beispielsweise hatte im Jahr 2023 rechnerisch 509,7 Vollzeitmitarbeiter beschäftigt und müsste entsprechend 5097 Euro an den Kreis überweisen.

Der Hinweisgeberschutz gilt nicht nur für aktive Verwaltungsmitarbeiter, sondern auch für ehemalige – und auch Lieferanten und Dienstleister einer Gemeinde- oder Stadtverwaltung können sich an die interne Meldestelle wenden. Der gemeldete Verstoß muss im Rahmen der beruflichen oder dienstlichen Tätigkeit erfolgt sein. Meldungen über privates Fehlverhalten ohne Bezug zur beruflichen Tätigkeit oder unbegründete Spekulationen oder Gerüchte wie auch falsche Verdächtigungen sind nicht geschützt.

Snowdens Veröffentlichungen wären in Deutschland ebenfalls problematisch gewesen: „Meldungen, die Informationen enthalten, die Sicherheitsinteressen berühren oder Verschwiegenheits- oder Geheimhaltungspflichten verletzen, fallen nicht unter den Schutz des Gesetzes“, heißt es aus dem NRW-Innenministerium.