Bauern werden Kartoffeln nicht los

Durch einen Vorstoß französischer Bauern auf den Markt haben rheinische Erzeuger es derzeit schwer.

Foto: Franz-H. Busch

Kreis Viersen. Das winterliche Wetter kam gelegen, denn auf den gefrorenen Äckern ist gegenwärtig kein Arbeiten. So hatten die Kartoffeln anbauenden Landwirte gestern Zeit, sich über die Aussichten der neuen Kampagne zu informieren und dabei einen Blick nach Belgien zu werden. Dort gibt es einen wichtigen Markt, denn „ohne Kartoffeln keine Pommes — ohne Pommes kein Belgien“, sagte Romain Cools. Der Generalsekretär der Verarbeiter- und Vermarkterorganisation Belgapom entwarf ein optimistisches Bild, denn weltweit steige die Nachfrage nach Kartoffeln. Allerdings: Im vergangenen Jahr stockten die Lieferungen von Deutschland in die Benelux-Länder, weil die Franzosen sehr aggressiv dort vermarkteten, sagte der Vorsitzende der Rheinischen Erzeugergemeinschaft Kartoffeln (Reka), Martin Dahmen, bei der Jahreshauptversammlung in Lobberich.

„Übermengen aus 2017 haben sich in den Lagern bis heute nicht abgebaut“, sodass der Erzeugerpreis auf elf Euro für 100 Kilogramm zurückging. Zwar hat die Reka eine Anhebung um vier Euro durchsetzen können, doch werden die Landwirte darüber nicht richtig froh, weil sie noch auf hohen Beständen sitzen. Zurzeit werden die Verträge für 2018 ausgehandelt, für Industrieware müsse ein Abschlag von zwei Euro hingenommen werden, teilte Dahmen mit. Ein kleiner Trost: Insgesamt liegen die Konditionen derzeit „aber noch über dem Schnitt der letzten Jahre“. Bemerkenswert sei die hohe Nachfrage nach Pflanzgut, das je nach Sorte zwischen zehn und 20 Prozent niedriger angeboten wird.

Daraus folgert Dahmen, dass „mangels Alternativen bei anderen Feldfrüchten die Anbaubereitschaft eher steigt als sinkt“. Er hoffe, dass „der Kartoffelanbau im Rheinland weiterhin die tragende Säule im Ackerbau bleibt“.

Die Reka beteiligt sich auch an einer Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR), die am Krefelder Weg in Kempen ein „Haus der Landwirtschaft“ errichtet. Baubeginn wird im zweiten Quartal sein, Fertigstellung Mitte 2019, Kosten: rund 3,6 Millionen Euro. Die Daten nannte Reinhard Pauw, Geschäftsführer des Rheinischen Landwirtschaftsverbandes (RLV), als er die Standort- und Strukturreform des RLV erläuterte und eine Vorteile einer Bündelung der landwirtschaftlichen Interessenvertretung hervorhob.

Neben der Reka (Anteil: fünf Prozent) sind die Kreisbauernschaft Viersen—Kempen (neun Prozent), die Obst- und Gemüsebauern (2,8 Prozent), der RLV (50 Prozent) und die LVR-Tochter Parta (Landwirtschaftliche Buchstelle) beteiligt.

Die Reka wird Mitte 2019 die Kreisstadt Viersen verlassen, wo sie derzeit Räume der Landwirtschaftskammer gemietet hat. Der LVR kehrt damit wieder an den Ort seiner Gründung zurück, der 1882 von Friedrich Freiherr von der Loe als Rheinischer Bauernverband in Kempen ins Leben gerufen worden war.